DER TOTENTANZ

Einmal schaute der Malser Türmer um Mitternacht auf den Freithof (Friedhof) hinab. Da sah er, daß die Toten aus den Gräbern gestiegen waren und allerlei Tänze aufführten.

Das gefiel ihm, und endlich dachte er sich, ich will die lustigen Brüder necken, um zu sehen, was sie dann machen werden. Gedacht, getan. Er nahm kleine Steinchen und warf sie auf die Gespenster hinunter. Doch kaum war dies geschehen, so ließen die Gerippe vom Tanze ab, kletterten im Nu am Turme hinauf und stiegen zum Fenster hinein. Dann nahmen sie den vor Schrecken halbtoten Wärter und warfen ihn unter fürchterlichen Gebärden in den Friedhof hinunter. Morgens fanden die Leute, welche in die Frühmesse kamen, die Leiche des armen Türmers auf einem Grabe liegen.

Andere erzählen: Der Wächter im Pfarrkirchturm sah um Mitternacht auf den Freithof nieder und erblickte zwei feurige Männer, die mit einander rauften. Er warf einen Stein auf sie herunter, um sie zu verscheuchen. Da krabbelten beide den Turm hinauf, stiegen durch das Schalloch und stürzten ihn herunter. (Mals.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 490, S. 273