DIE PFUIPFUI-NANNI

Im Widum von Sterzing diente ein Bursche, der Franzl Salzburger, als Kühbub; der hatte viel auszustehen von einer alten Hexe, die dort stetig aus- und einging und bettelte. Sie war überaus häßlich, zerlumpt, trug einen großen schwarzen Schlapphut mit breiten Flügen (Krempen) und konnte keinem Menschen ins Angesicht sehen. Immer nur sah sie auf die Füße der Leute. Daß diese alte Huttlerin eine Hexe war, wußte jedermann, denn sie nahm nichts, was ihr gereicht wurde, mit der rechten Hand an, alles nur mit der linken, und konnte sie es irgendwie richten, so mußte es ihr auch mit der linken gegeben werden. Sehr häufig wurde sie geneckt, verhöhnt, verspottet, und da sie Nanni hieß und dabei so zottig und schmutzig war, so legte ihr der Kühbub den Namen Pfuipfui-Nanni bei, unter dem sie dann in ganz Sterzing bekannt, gerufen und verrufen wurde. Dafür bekam von ihr der Kühbub sattsam Läuse angehext, daß er von selbigen starrte, wurde des Nachts braun und blau gedrückt, von unsichtbarer Hand ins Mistloch gestoßen und wußte sich zuletzt seiner Not kein Ende, bis ihm endlich ein Gegenmittel geraten wurde, das er ohne Säumen in Anwendung brachte.

Sobald der Kühbub die Pfuipfui-Nanni dem Widum sich von weitem nahen sah, um nach ihrer Gewohnheit zu betteln und nebenbei ihm Schaden zuzufügen, so nahm er einen alten Stallbesen und die Ofenschaufel und legte diese beiden Stücke kreuzweis vor die Türe. So wie die Hexe diesem Kreuze nahte, rührte sich's in ihrem Eingeweide, sie mußte sich schrecklich übergeben und alsbald umkehren, worauf sie volle acht Tage nicht wieder gesehen wurde. Sobald sie wiederkam, wiederholte der Kühbub das wirksame Entfernungsmittel, und es wirkte abermals, worauf sie ging und niemals wiederkam.

Quelle: Alpenburg, Johann Nepomuk Ritter von, Mythen und Sagen Tirols. Zürich 1857. S. 289