DER GLOCKENTRAGENDE TEUFEL

In der Gemeinde Triesnerberg in Liechtenstein, auf Masescha, steht eine Kapelle. Da ist auf dem linken Seitenaltar ein junger blonder, unbärtiger Bischof dargestellt und neben ihm der Teufel, der eine Glocke trägt, die ihm recht schwer zu werden scheint und den Kopf herabdrückt. Der rechte Fuß dieses armen Teufels läuft in Greifenklauen, der linke in einen Pferdefuß aus.

Auch von einer anderen Begegnung des Teufels mit St. Joder erzählt die Sage. Der Teufel hatte den heiligen Mann einmal auf den Rücken geladen und wollte ihn über einen See tragen. Als der Schwarze mit seiner Last in die Mitte des Sees gekommen war, so rief er: "Jöderle, bsegn di, oder i würf ab". Jöderle aber entgegnete: "Ich habe mich am Morgen schon gesegnet."

Die St.-Theodulsglocke übt auch unter allen Glocken die wundersamste Kraft aus gegen Donner- und Hagelwetter. Vernaleken zeichnet die Verse auf:


Wann man die Glock anziehen thut
Und gaht nach ihrem Willen,
Daß man si lut mit reinem Muth,
Das Wetter thut sich stillen;

Gar grusamlich sicht mans in Lufften schyben
Die Glock thut es vertriben,
Mit ihrem Ton so rych,
Uf Erd ist nit ihr Gelych.


In den meisten Pfarren der eingewanderten Walliser wird der heilige Theodul, gemeiniglich St. Joder genannt, verehrt. St. Theodul oder Theodor, wie andere sagen, war im 6. Jahrhundert Bischof zu Sitten im Wallis, dessen Landespatron er heute ist. Sein Andenken wird dort wie im vorarlbergischen oberen Walsertale zu Raggal alljährlich am 16 August feierlich begangen.

Nach der Legende bekam unser hl. Theodul vom Papst zu Rom eine Glocke zum Geschenk. Unvermögend, durch menschliche Hilfe die Glocke fortzubringen, habe er den Teufel, den er aus einem Besessenen ausgetrieben, gezwungen, das Geschenk über die Alpen nach Sitten zu tragen. Darum wird heute noch auf den Altären der walserischen Kirchen St. Theodul im bischöflichen Ornate dargestellt, wie er einen Teufel mit einer Glocke auf dem Kopf an der Seite hat oder ihn an einer Kette führt. Die Kirchenglocke zu Laterns ist der Sage nach ein Teil derjenigen, die der böse Geist dem heiligen Bischof nachtragen mußte.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 207, Seite 154