Der geprellte Teufel
Briefmarke Liechtenstein "Der geprellte Teufel"
Briefmarke Liechtenstein "Der geprellte Teufel"
Louis Jäger, Ausgabetag 4. Dezember 1969

Da war der Teufel wieder einmal durch das Fürstentum gehopst, weil er hoffte, einen Liechtensteiner, dessen Landsleute äußerst seltene Vögel in seinem Feuerreiche waren, zu erwischen. Er kam bei dieser Gelegenheit in das weite Schaaner Ried, wo er mit einiger Schadenfreude sah, wie ein armes Bäuerlein sich im Sonnenbrand abrackerte, um das harte Riedgras zu mähen und es auf seinen Wagen aufzuladen. Da es bei seiner schweren Arbeit ein bescheidenes Flüchlein losließ, nickte der Teufel zuversichtlich vor sich hin und gesellte sich dann mit freundlichem Getue zu dem Bauern, den er auf leichte Art in seine Finger bekommen wollte. Aber das Bäuerlein war doch gottesfürchtigen Geistes, anderseits aber auch schlau und witzig, und als ihm der Teufel den schönen Vorschlag machte, an seiner Stelle das Gras abzumähen, kratzte es sich nicht lange hinter den Ohren. Es war sofort mit dem Vorschlag einverstanden, an den der Teufel jedoch unmißverständlich die Bedingung knüpfte, wenn er vor dem Betzeitläuten mit der Arbeit fertig sei, müsse ihm das Bäuerlein seine Seele vermachen oder anvertrauen, wenn man dies bei einem Teufel sagen kann.

Gott wird mir schon helfen, dachte das gläubige Bäuerlein und setzte sich in den dünnen Schatten einer Weide, aß sein Brot und seinen Käse und sah mit gemütlichem Lächeln dem Teufel zu, der nun arg schwitzend das zähe Gras schnitt und einheimste. Diese Seele soll mir nicht entrinnen, dachte der Teufel grimmig, wenn ihn die Hitze auch schlimm plagte, und er manchmal willens war, alles hinzuwerfen.

Aber der liebe Gott läßt die Seinen nicht im Stich, wie man wohl weiß, wenn er auch das Bäuerlein für seinen Fürwitz etwas zappeln lassen wollte.

Die Sonne neigte sich schon im Westen, und der Teufel war nahezu fertig mit der Arbeit; da kam das Bäuerlein doch je länger je heftiger in eine Aufregung hinein, und das Herz klopfte ihm auch vor Angst. Es horchte angestrengt, ob das Glöckchen nicht bald den Abendsegen über das Ried hinüberrufe. Da kam der Teufel an den letzten Streifen, den er mit rasender Geschwindigkeit abmähte, und das Bäuerlein lag bereits auf den Knien und begann zu beten und zu flehen: "Ach Gott, hilf mir!"

Zapple nur, zapple nur und denk das nächstemal besser an dein Seelenheil, dachte der liebe Gott, aber dann rührte er doch mit dem Finger an die Betzeitglocke, etwas vor der üblichen Zeit; denn diese Seele wollte er nicht dem Teufel überlassen. Das Geläute kam wie auf Engelsflügeln über das Ried, daß das Bäuerlein aufatmend den Angstschweiß von der Stirne wischte und dem gütigen Herrgott innig dankte. Der Teufel aber, vor dem letzten Sensenstreich, schwitzend, müde und erst noch betrogen um den Preis, wurde von einer roten Wut geschüttelt; er packte den Wiesbaum auf dem Wagen und schleuderte ihn mit wilder Wucht durch die Luft, daß er wie ein Pfeil über den Rhein flog und in die dahinter sich erhebenden Felsen krachte. Das gab in den Felsen ein mächtiges Loch, das heute noch zu sehen ist und natürlich nicht anders als Teufelsloch heißt, das aber für alle, die es wissen und zudem glauben, auch ein Zeichen ist, daß im Fürstentum Liechtenstein der Teufel nicht viel zu suchen hat.

Quelle: Dino Larese, Liechtensteiner Sagen, Basel 1970, S. 8