EINES HEIMKEHRERS LETZTER GANG
Ein Plankner, der nach Amerika ausgewandert war, kehrte nach langen Jahren
wieder in die Heimat zurück. Im Nendler Gasthaus machte er einen
letzten Halt, um sich zu stärken, bevor er dem Heimat-dorfe zuschritt,
und er freute sich auf das Wiedersehen. Als er beim Zahlen seine vollgespickte
Geldbörse zog, beobachtete ihn ein anderer Gast und beschloss, ihn
zu ermorden und auszurauben.
Es war schon dunkle Nacht geworden, und ahnungslos machte sich der Plankner
auf den Weg. Im Walde beim "Langen Rank" ober dem Bache knallte
ein Schuss, und tödlich getroffen sank der Mann zusammen, der seinem
Glück schon so nahe gewesen war. Am anderen Tage fand man ihn ausgeplündert
in einer Mulde, ein Stück unterhalb des Weges.
Der Mörder aber wurde nie ausgeforscht, und die Tat blieb unge-sühnt.
Durch viele Jahre geschah es, dass Wanderer, die am Jahrtage der Tat auf
dem Fussweg von Nendeln nach Planken gingen, im Walde nicht weiterkonnten.
Sie sahen eine dunkle Wand vor sich und hörten einen Knall, begleitet
von einem Feuerstrahl. Dann erst konnten sie den Heimweg fortsetzen.
Bis zum Läuten der Kirchenglocken muss der Mörder in diesen
Nächten geisten, und dann erst hat seine Seele wieder auf ein Jahr
Ruhe.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger,
Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 29