Der Lindwurm
In alten Zeiten hat in der Gegend des Ellberges, und zwar an seinem nördlichen
Fusse im sogenannten Laubwinkel ein Lindwurm gehaust, der die Bewohner
von Mäls in Furcht und Schrecken versetzte. Das Gebiet, welches heute
das Oberfeld genannt wird, war damals ein sumpfiges, unwirtsames, vom
Rhein bespültes Gelände; Eichenwälder, Hecken und Gebüsche
gab es hier. Hauptsächlich soll sich das Untier in einem dem Dorfe
Mäls nahegelegenen Sumpfe aufgehalten haben.
Um den Lindwurm vom Dorfe abzuhalten, sollen ihm die Bewohner von Mäls
Futter hinausgetragen haben, Kälber, Schafe, Ziegen, die sie in der
Nähe des Sumpfes niederlegten.
Um dem Ungeheuer abzukommen, wurden am Nordende des Ellberges grosse Netze
gespannt, in die es sich verwickeln sollte. (Man sagt zu diesem Platze
noch die "Garnrichte"). Das Tier fing sich aber nicht und hauste
zum Schrecken der Mälsner weiter.
Da dem Tier auf natürlichem Wege nicht beizukommen war, nahmen die
Leute Zuflucht zur Mutter Gottes und versprachen, wenn der Lindwurm verschwinden
würde, zu Ehren der Mutter Gottes eine Kapelle zu erbauen, und sie
hielten eine neuntägige Andacht zu Ehren Marias. Und siehe ! Ihr
Gebet wurde erhört. Der Lindwurm verschwand plötzlich und kam
nie mehr zum Vorschein. Zum Danke dafür soll das Wallfahrtskirchlein
Mariahilf erbaut worden sein, das dann vergrössert wurde. Oben auf
dem Turme erblicken wir auch wirklich einen aus Blech nachgebildeten Drachenkopf,
und in der Nähe des Kirchleins befinden sich hoch oben in der Felswand
einige grosse Löcher, im Volksmund "Drachenlöcher"
genannt.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 1