DER SCHATZ VON ST. MAMERTEN
Briefmarke Liechtenstein "Der Schatz auf St. Mamerten"
Louis Jäger, Ausgabetag 4. Dezember 1969
Eines Abends ging ein Bursche von Triesen in das Kirchlein Sankt Mamerten,
um zu beten. Plötzlich erschien ihm ein Geist, der zu ihm sprach:
"Wenn du reich werden willst, so komme mit zwei anderen Burschen
um Mitternacht hierher. Du wirst eine Kiste sehen, die ist voll Gold,
und auf ihr wird ein Hund sitzen. Wenn ihr ihn herunterwerft, so soll
alles Gold, das darin ist, euch gehören".
Der Bursche kehrte wirklich am nächsten Abend mit zwei Freunden wieder,
und sie knieten hintereinander in die Kirchenbänke. Als die Glocke
der Pfarrkirche die Mitternachtsstunde schlug, erschien wirklich die Kiste
mit dem Hund. Der Bursche, der in der ersten Bank kniete, stand auf und
versuchte, das Tier herunterzuwerfen, aber es sprang auf, starrte ihn
mit feurigen Augen an, kläffte und jaulte und sprang von einer Seite
des Kistendeckels auf die andere. "Kommt, helft mir!" keuchte
der Jüngling. Der zweite kam, und als auch er nichts erreichte, forderten
sie den dritten auf. Der aber rief mit zitternder Stimme: "Mir fürchtet
es !"
Da hörten sie einen gellenden Schrei, und Hund und Kiste waren verschwunden.
Der Geist aber, der dem ersten erschienen war, kam, weinte und klagte
und rief: "Jetzt muss ich wieder hundert Jahre warten, bis ich jemand
um Hilfe bitten kann".
Es wurde stockdunkel im Kirchlein, und die Freunde konnten sich nicht
rühren und mussten drinnen bleiben, bis der Mesner kam, den Ehglisch-Gruss
zu läuten.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein,
1966/1980, Nr. 54