DER POLI UND DIE KUH



Auch eine andere Sage berichtet vom Poli:

Er hätte auf Gritsch ein schönes Leben haben können, aber eine Kuh machte es ihm sauer. Immer wieder lief sie davon, und stundenlang musste er sie suchen.

Er fluchte oft über das Tier und dachte, wie er es loswerden könnte. Da fiel ihm eine List ein: Er fällte eine Tanne, schälte sie und legte die nassen, rutschigen Rinden an einem gefährlichen Platze nieder; dann trieb er die Kuh darüber, die rutschte aus, stürzte ab und blieb unter einem Felsen tot liegen.

Nach seinem Tode musste der ungetreue Senn für seine Tat geisten. Er muss die Kuh sovielmal den Berg hinauftragen, wie er Haare am Kopfe hat. Wenn er oben ankam, jauchzte er, dass es weit herum zu hören war, und das bedeutete immer Schneefall für die Alpe Grisch.

Auch beim Wege von der Alpe Wang zum Rappenstein geistet ein Senn für das gleiche Verbrechen an vielen Kühen, die ins Tobel stürzten. Man hörte seine Rufe immer, wenn es ein Unwetter gab.

Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 25