DER UNTERGANG VON TRISONA
Das Dorf Triesen war einst eine schöne Stadt und hiess Trisona. Die
Bewohner aber lebten gottlos, so dass grosse Strafe über sie hereinbrach.
Es flog ein Engel mit einem feurigen Schwert in der Hand über die
Stadt und rief: "Wer dem Untergang entgehen will, fliehe gegen Sant'
Amerta !" Aber nur ein einziges Weib folgte dem Ruf. Seine zwei Kinder
liess es daheim und gab ihnen gedörrte Obstschnitze zum Naschen und
Spielen. Das Weib kniete im Kirchlein nieder und betete, als ein furchtbares
Getöse sie aufschreckte. Sie trat unter die Türe und sah zu
ihrem Entsetzen das ganze Trisona durch eine Rufe überschüttet.
Jammernd schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und wusste
nichts anderes zu tun, als wieder in die Kapelle zu fliehen und zu beten.
Als sie abermals heraustrat, war ganz Trisona untergegangen, nur ihr Haus
stand noch, und als sie dahinkam, sassen die zwei Kinder in der Stube
hinter dem Tisch bei den Schnitzen.
Dieses Haus zeigt man noch heute. Es sticht durch Grosse und Altertümlichkeit
von allen anderen Häusern ab und ist auch in der ganzen Gasse das
einzige, das eine "Bsetzi" hat.
Auf der Anhöhe über dem Dorfe steht unversehrt die Sant-Amerta-Kapelle.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein,
1966/1980, Nr. 16