DER TEUFEL HOLT DEN WUCHERER
Vor vielen hundert Jahren lebte in Triesen ein alter Wucherer. Er besass
viel Geld und Gut, war aber masslos geizig.
Als es einmal grosse Hungersnot gab, war er der einzige Mensch im Dorfe,
der sich noch sattessen konnte. Eines Tages klopfte bei ihm ein armes,
halbverhungertes Mütterlein an, das daheim zehn Kinder hatte. Er
schaute zum Fenster hinaus und fragte um sein Begehr. Die Frau bat ihn
um ein Stück Brot für ihre armen Kleinen, der Wucherer aber
schlug fluchend das Fenster zu und Hess die Frau mit leeren Händen
heimgehen.
Bald darauf hiess es im Dorfe, der Wucherer sei schwer krank. Es wurde
so schlimm mit ihm, dass die Nachbarn den Pfarrer holten, aber als dieser
kam, tat der Kranke gerade die letzten Atemzüge.
Das Merkwürdige aber ist, dass genau im Augenblicke des letzten Atmens
sich der Fensterrahmen mit ohrenbetäubendem Knall vom Mauerwerk löste
und auf den Boden stürzte. Später hielt kein Rahmen mehr an
dieser Stelle.
Im Dorfe aber sagten alle, dies sei das Zeichen, dass der Teufel den herzlosen
Wucherer geholt habe.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger,
Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 12