Die Waschfrau am Johannisbur bei Steinheim

An dem zwischen Echternach und Steinheim fließenden Johannisbur erscheint in gewissen Nächten eine geisterhafte Waschfrau. Dort bewirtet sie seltsame, gespensterhafte Gäste an reinlich und üppig gedeckten Tischen und pflegt nach vollendeter Mahlzeit das gebrauchte Tischlinnen (Tischtücher) in der Quelle zu waschen. Ihr Angesicht ist schwarz. Ihre Kleidung besteht aus einer weißen Haube und aus nebelgrauen Gewändern. Sie bedient sich eines großen, langen Bleuels und schlägt damit stärker auf als andere, gewöhnliche Weiber, so dass es im Johannisbösch und in den Mindener Leien unheimlich widerhallt.

Einst trat die Waschfrau einem Mann aus Steinheim entgegen, der in später Nacht, von Echternach kommend, am Johannisbösch vorbeiging, und lud ihn freundlich ein, mit ihr zu gehen. Der Mann folgte ihr und sie führte ihn an den Rand der Johannisquelle zu einem mit allerhand köstlichen Speisen und Weinen besetzten Tische, an welchem eine Gesellschaft unheimlicher Gestalten saß. Der Mann setzte sich an; doch sieh, als er das hl. Kreuzzeichen machte, um sein Tischgebet zu verrichten, war auf einmal der ganze Spuk verschwunden.

Lehrer M. Bamberg zu Steinheim

Quelle: Nikolaus Gredt, Sagenschatz des Luxemburger Landes, Luxemburg 1883