Die Teufelsmauer zu Aggsbach
Im schönen Donautale wohnte einst ein Ritterfräulein, um deren Hand sich die Burgherren von Aggstein und Spitz bewarben.
Um dem Streit ein Ende zu machen, versprach das Fräulein, die Gemahlin des Ritters zu werden, der vom nächsten Turniere als Sieger heimkehrte. Als nun der Burgherr von Aggstein den Preis nach Hause brachte, ward die Hochzeit festgesetzt.
Trauernd verließ der Ritter von Spitz sein Felsennest und dachte in den Fluten der Donau sein Leben zu enden. Da trat ihm ein graues Männlein entgegen und sagte: „Herr Ritter, laßt mich eine Mauer bauen, die den Lauf der Donau sperrt! Das Wasser soll emporsteigen und den Aggsteiner vernichten; dann ist die Braut Euch zu eigen. Was ich dafür verlange, werdet Ihr wohl wissen.“
Der Ritter, der den Bösen erkannte, ließ sich betören, doch verlangte er , daß die Mauer vor dem ersten Hahnenschrei fertig stehe. Darauf zog er in sein Schloß zurück und der unheimliche Baumeister ging ans Werk. Hoch türmte sich Stein auf Stein, die Mauer schob sich vor, da plötzlich begann ein Hahn auf dem Kirchturm zu Aggsbach hellauf zu krähen.
Wütend schoß ihm das graue Männlein einen Pfeil durch den Kopf, mußte aber dem Versprechen gemäß von seiner Arbeit abstehen. Als der Ritter von Spitz am Morgen das halbvollendete Werk sah, ging er in sich. Er zog als reuiger Pilger ins Heilige Land und soll zurückgekehrt seine Tage im Kloster zu Schönbühel als Mönch beschlossen haben.
Auf dem Kirchturme zu Aggsbach steht noch heut ein kupferner Hahn, dessen Kopf von einem Pfeile durchbohrt ist, und die nahe Felswand trägt seit alters her den Namen Teufelsmauer.
Hans Fraungruber
Quelle: Österreichisches Sagenkränzlein, Hans Fraungruber, Wien, Stuttgart, Leipzig 1911
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Dezember 2006.
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