Das Knappenhaus in Böckstein

In der Christnacht war es, dass im Knappenhaus in Böckstein gerade alle in der warmen Stube versammelt waren. Sie warteten, bis es Zeit zum Aufbruch in die Christmette sei, die sie nach alter Sitte in der Nikolauskirche in Bad Gastein feierten. Da ertönte plötzlich lange vor der Zeit des Aufbruches ganz merkwürdig hell das Glöcklein. Alle staunten, was das bedeuten solle. Sie fragten nach, wer denn geläutet habe, konnten aber niemanden finden. Da läutete es plötzlich wieder, noch heller, noch stärker als zuvor. Da fragten sie nicht weiter nach und dachten nur, solches Läuten müsse eine besondere Bedeutung haben, und machten sich auf den Weg zur Kirche. —

Welch ein Anblick bot sich ihnen, als sie nach der Mette heimkamen! Wasserstürze und Lawinen waren niedergegangen und hatten das ganze Knappenhaus zerstört und verschüttet. Nun war es ihnen klar, dass ein freundlicher Berggeist vom Radhausberg das Glöcklein zur rechten Zeit gezogen hatte, um sie in Sicherheit zu bringen.

Aus „Gasteiner Sagen" zusammengestellt von Karl O. Wagner, Verlag Karl Krauth, Bad Gastein.

Quelle: Paul Ippen, Denk- und Merkwürdiges aus dem österreichischen Bergbau, Wien 1965, S. 14.
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