Lohn des Berggeistes

Unter den Knappen Erasmus Weitmosers, des Häuslersohnes aus Gadaunern, dessen Sohn Christoph der sagenhaft reiche Gewerke der Gasteiner Goldgruben wurde, war ein junger Bursche, der in froher Lust mit heller Stimme sein Lied erschallen ließ, wenn er in der Grube gerade mit der schwersten Arbeit aussetzte. Dies machte dem Berggeist besonderes Vergnügen und eines Tages stand er in Gestalt eines winzigen Bergmännleins vor dem erstaunten Knappen. Da gestand das Männlein, wie sehr es sein froher Gesang erfreue, und machte ihm den Vorschlag, es werde für ihn alle Arbeit verrichten, er solle nur zur Grube einfahren und stets fleißig singen. An Segen der Arbeit werde es ihm nicht fehlen, nur dürfe er niemandem verraten, was sie beide ausgemacht hätten.

Der Knappe war wohl zufrieden und versprach auch, ihr Ge­heimnis streng zu hüten. Auch an Geld hatte er keinen Mangel, denn was er förderte, war stets das beste Erz. So lebte er lustig in den Tag hinein, und abends klangen seine Lieder im Kreise seiner Ka­meraden und machten ihn beliebt weit und breit. Aber eines Tages, als er dem Weine zu stark zugesprochen hatte, verriet seine Zunge das lang gehütete Geheimnis.

Das Unglück ließ nicht auf sich warten. Als er am nächsten Tag eingefahren war, hörte man plötzlich in dem Stollen, wo er arbeitete, ein fürchterliches Krachen und Donnern und als seine Kameraden zu Hilfe eilten, fanden sie ihn jämmerlich erschlagen von den herabgestürzten Felstrümmern.

Der erboste Berggeist hatte ihn für den Verrat gestraft und sein Geist muss seitdem im Stollen umgehen.

Aus „Gasteiner Sagen" zusammengestellt von Karl O. Wagner, Verlag Karl Krauth, Bad Gastein.

Quelle: Paul Ippen, Denk- und Merkwürdiges aus dem österreichischen Bergbau, Wien 1965, S. 8 - 9.
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