Was kein Ober ist...

Ein neugebackener Betriebsassistent näherte sich bei seiner Grubenbefahrung einem Abbau. Er vernahm aber keine Arbeitsgeräusche, sondern nur Geplauder. Er hörte stillstehend eine Weile zu. Der Ortsälteste gab einem jungen Schlepper, der eben eingetreten war, Belehrungen.

„Alsdann, wir haben verschiedene Vorgesetzte. Da ist zunächst der Oberhäuer. Der ist ein gemeiner Arbeiter, also unser Mann, der das Handwerk versteht. Dann kommt der Steiger; der versteht nicht viel. Dann kommt der Obersteiger. Der ist schon ein höherer Herr, hat die Bergschule gelernt, war auch früher Arbeiter und versteht unsere Arbeit. Dann kommt der Ingenieur. Der ist ein Jüngling, hat die Hochschule gemacht, bildet sich ein, dass er was versteht, aber von der Bergarbeit weiß er nichts. Dann kommt der Oberingenieur. Der ist ein gereifter Mann, der versteht was und hat sich ganz in die Bergmannsarbeit eingelebt. Überhaupt kannst Du Dir merken: Was kein Ober ist, ist ein Dreck!"

Darauf trat der Assistent in den Abbau mit den Worten: „Also da ist der Dreck."

Mitgeteilt von Bergdirektor Dipl.-Ing. Dr. Jaroslav Jicinsky.

Quelle: Paul Ippen, Denk- und Merkwürdiges aus dem österreichischen Bergbau, Wien 1965, S. 21.
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