Volksgebräuche und Aberglaube
I. Nach den Zeiten des Jahres.

1. [Das Dodamonmacha]

Wenn im Winter der erste Schnee fällt und er sich mit den Händen ballen läßt, dann beginnt in Röhrawiesen, Sallapulka, Fugnitz etc. (NiederÖsterreich) das Dodamonmåcha, d. h. die Kinder machen aus Schnee eine Figur, die den Dodamon vorstellen soll. Sind die Theile des Körpers deutlich, so erhält er noch eine Nase von ziemlich großem Umfange, eine Ruthe in die eine Hand und eine Mütze von Baumrinden auf den Kopf. Ist dann der Dodamon fertig, so beginnt das Spiel, an dem die ganze Dorfjugend und manchmal auch die älteren Leute theilnehmen. Zuerst treten alle zusammen, stellen, sich im Kreise auf und wählen einen aus ihrer Mitte. Dieser stellt sich nun hinter den Dodamon. Die übrigen aber springen und hüpfen vor demselben herum, und singen dabei gewöhnlich folgendes:

Da sitzt da ålti Dodamon
in Regn und in Schnee,
wås wer ma erm z'fress'n geb'n,
Leis oda Fleh?
Zipfl, Zapf, Budakrapfl,
Kum, ålta, fång mi!

Haben sie dieß dreimal gesungen, so tritt der Junge hinter dem Dodamon hervor, nimmt die Ruthe und läuft den Kindern nach. Erwischt er eines, so schlägt er es so lange mit der Ruthe, bis die anderen wieder herzukommen und den Gefangenen befreien. Manchmal macht sich eines von denen, die um den Dodamon hüpfen, dm Spaß, daß es die Ruthe nimmt und sie wegwirft. Alsdann fallen alle über den hinter dem Dodamon stehenden her und reiben ihm das Gesicht tüchtig mit Schnee.

Für eine große Kühnheit wird es gehalten, wenn eines der spielenden während des singens hingeht und dem Dodamon die Nase auf die Seite dreht. Dieß geschieht übrigens sehr oft unter dem schallenden Gelächter der Gesellschaft.

Haben sich die Kinder in dieser Weise längere Zeit unterhalten, so holen sie eine lange Stange, und mit dieser rennen sie so lange gegen den Dodamon, bis er zum großen Jubel aller zusammenstürzt.

Knüpfen wir an obige Mittheilung an, die wir vom personifizierten Tode (S. 69 u. 82) gemacht haben, so ist auch hier wieder das Spiel mit dem Dodamon bezeichnend. Der Tod, hier schneeweiß, stellt den Menschen nach, während diese ihn (wie den Teufel) zu hintergehen suchen. Der Schluß des Spieles kommt dem „Todaustragen“ nahe.1)

1) Statt Dodnmon könnte man auch Tadamån schreiben, und es liegt die Versuchung nahe, ihn mit Tatermann (s. S. 205) für identisch zu halten Ich halte aber die Vorstellung vom Dodamon für älter, und es mag sein, daß einiges auf den Tatermann übergegangen ist. Der Gott ist zu einem Götz, zu einem Popanz geworden.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 279f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
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