21. [Sommer und Winter]

Von dem bekannten Wettstreite zwischen Winter und Sommer wollen wir nur ein Lied mittheilen, aus Göpfritz in der Wild (Nieder-Österreich).

Am Faschingsdienstage durchziehen zwei Männer das Dorf. Sie gehen aus einem Hause in das andere, und werden überall von den Kindern mit Jubel empfangen. Diese zwei Männer sind der Winter und der Sommer. Der eine hält eine Sichel in der Hand, ist ganz weiß gekleidet und stellt den Sommer vor. Sein Kamerad, welcher den Winter vorstellt, hat eine Pelzmütze auf dem Kopfe, einen Dreschflegel in der Hand, und Arme- und Beine mit Stroh umwunden.

Nun singen beide, mit einander abwechselnd, folgendes Lied:

Sommer:
Da Winter is a grober Gsöll,
er jogt die alten Weiber in d' Höll.1)
Herimei, da Summer is fei!

Winter:
Da Summer is a rechter Lauer,
er mocht den Weibern den Milchrahm sauer.
Herimei, da Winter is fei!

Sommer:
Da Summer is a braver Mo,
er hängt die Bam mit Äpfeln o.
Herimei, da Summer is fei!

Winter:
Da Winter is a braver Mo,
er molt die Fenster voll Bleameln o.
Herimei, da Winter is fei!

Sommer:
Und w å n da Summer bald geht hoam,
oft'n bricht a d' Äpfel von die Bam.
Herimei, da Summer is fei!

Winter:
Und brichst du's o, so klaub i's auf,
mocht ma mei Gretl dürre Ruzel 2) draus.
Herimei, da Winter is fei!

Sommer:
Hiatzt geh i hoam und schlof recht guat,
Und kimm wieder, w å n's blitzen und dunnern thuat
Herimei, da Summer is fei!

Winter:
Hiatzt bin i do, und geh nit furt,
ols bis dos Lercherl singa thuat.
Herimei, Herimei, da Winter is fei!

1) Der Raum hinter dem Ofen. S. 284.

2) Äpfelschnitten.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 297f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
© www.SAGEN.at