38. [Hexenabwehr]

In Deutschbrod u. a. O. kommt folgender Aberglaube vor.

Am 1. Mai haben die Hechsen [Hexen] volle Macht. Um sie abzuhalten, steckt man Lindenreiser in den Düngerhaufen, der gewöhnlich im Hofe ist, macht aus geweihten Palmzweigen Kreuzchen und steckt sie im Stalle in die Mauerspalten, bespritzt das Vieh mit Weihwasser u. s. w.

Sollte aber wirklich eine Hechse in das Haus gekommen sein, so zeigt es sich bald. Die Kühe geben entweder keine Milch, oder sie geben statt derselben Blut; das Getreide geräth nicht u. s. w.

Wenn man vierblättrigen Klee hat, so kann man alle Künste der Zauberer und Hechsen durchschauen.

Eine Magd muste für die Kühe Klee holen. Als sie durch das Dorf schritt, mit dem Bündel Klee auf dem Rücken, gab dort gerade ein Zauberer seine Vorstellungen. Die Menge bewunderte eben, wie ein Hahn einen schweren Balken zog. Die Magd fragte, was sie so bewunderten, ob das ein Wunder wäre, wenn ein Hahn einen Strohhalm mit dem Fuße nachziehe. Als dieß der Zauberer hörte, machte er sich aus dem Staube. 1)

Wenn sich ein Kind einen Milchzahn ausgerissen hat, so muß es hinter den Ofen gehen und den Zahn hinter sich werfen, und dreimal die Worte sagen:

Eichkätzchen, Eichkätzchen,
ich geb' dir einen beinernen
gib mir einen eisernen.

Die Kornähren sollen in alter Zeit vom Erdboden bis hinauf gereicht haben. Es war gar kein Halm, Da nun die Menschen immer gottloser wurden, so beschloß Gott sie zu strafen, indem er ihnen eine Hauptnahrungsquelle, nämlich das Getreide nehmen wollte. Er ließ deshalb die lange Ähre anzünden, und als dieß die heil. Jungfrau sah, ergriff sie noch am obersten Ende die Ähre mit der Hand, wodurch die Ähre am weiterbrennen verhindert wurde. Daher kommt es, daß nun jede Ähre nicht länger als eine Handbreit ist. 2)

Wer am Palmsonntage drei Kätzchen von den Palmzweigen verschluckt, bekommt keine Halsschmerzen, und wer die ersten Kornblüten sieht, der soll drei davon nehmen und verschlucken, dann bekommt er kein Fieber in dem Jahre.

Wenn jemand von einer Schlange gestochen wird, so muß er trachten, daß er früher beim Wasser ist als die Schlange. Ist der Mensch früher dort, so muß die Schlange sterben, ist aber die Schlange früher dort, so muß der Mensch sterben.

Am Ostersonntage werden aus den Palmzweigen Kreuzchen gemacht und in die Felder gesteckt, um sie vor dem Hagelschlag zu schützen.

1) Vergl. Kuhn, nordd. Sag. 458 (Nr. 432).
2) Ähnliches aus Thüringen s. Bechsteins d. Märchenb. die Kornähren.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 310ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
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