39. - 43. [Aberglaube aus Böhmen]

Um Flechten zu vertreiben, nimmt man (im nördlichen Böhmen) eine Münze, auf welcher das Bild einer Kapelle ist und die man „Flinkel“ nennt. Diese rollt man dreimal um die Flechte herum und murmelt dabei den Zauberspruch:

Schwinge1) vergie, (Schwinge vergeh,)
wichs nie mie; (wachs' nicht mehr.) '

Das helfe Gott Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen.

Darauf wird das Kreuz über die Flechte gemacht, diese angespuckt, abermals mit der Münze umringelt und bekreuzt.

Warzen soll man verlieren, wenn man an einem Nachmittage, wo zu einem Begräbnisse geläutet wird, in's Freie tritt und spricht:

Warzel, Warzel weiche,
sie läuten einer Leiche;
gehst du nicht zu Grabe,
frisst dich zuletzt der Rabe.

1) "Schwinge" ist ein nur hier vorkommender Ausdruck für Flechte.

40. Wenn der Eigentümer von Bienenstöcken mit Tode abgeht, so klopft man an die Bienenstöcke und meldet, daß der Hausvater gestorben ist; sonst gehen die Schwärme ein. So im Niederlande Böhmens. (Komotau.)

41. Wenn die Leute bei einem Weizen- oder Kornfelde vorübergehen, und es blühen die blauen Kornblumen, so wird eine derselben abgerissen, und man bestreicht sich damit die Augen.

Das stärkt die Augen und bewart sie vor Krankheit. (Komotau.)

42. Zu den verschiedenen Gerichten am heil. Abend gehören auch die Erbsen. Nach dem Essen wird in Jahren, wo es viele Mäuse gibt, in die vier Ecken der Stube eine kleine Porzion dieses Gerichtes in Kreuzform geschüttet, damit die Mäuse nicht gar zu sehr überhand nehmen. (Komotau.)

43. In Komotau etc. findet man folgenden Aberglauben.

Beim ersten Läuten am Charsamstage [Karsamstag] eilen die Frauen zum nächsten Bach, um sich zu waschen; das soll die Sommersprossen vertreiben.

Nach der Palmweihe verschlucken die Leute drei Kätzchen von einem Palmzweige; sie glauben, daß sie dann das ganze Jahr kein Halsweh bekommen.

Die Frucht eines Bäumchens, das zum erstenmal trägt, schenkt der Eigentümer gern einer schwangern Frau, weil dann der Baum sehr fruchtbar wird.

Die Dienstboten legen bei einem Schloßenwetter allerlei Hausgeräth, z. B. Ofengabel, Ofenkrücke, den Kehrwisch u.dgl. auf dem Haushofe kreuzweis übereinander, in der Meinung, dass die Schloßen dann keinen Schaden machen.

Wer zum erstenmal bei einem Kornfelde, das in der Blüte steht, vorbeigeht, der streift von drei Kornähren die aushängenden Blüten ab und verschluckt sie; das bewart vor Halsweh.

Wenn eine Wöchnerin unter den sechs Wochen stirbt, so kommt sie wieder, um nach ihrem Kinde zu sehen.

Wenn am Charsamstag [Karsamstag] das erstemal wieder geläutet wird, eilen die Geizigen mit einem Geldsäckchen an ein fließendes Wasser und schwenken jenes hin und her; sie glauben, daß sich dann ihr Reichtum vermehre.

Bei einem Gewitter legt man im Oberlande Böhmens die geweihten Palmen auf den Tisch, im Niederlande verbrennt man sie, damit der Blitz nicht einschlage.

So viele schwarze Punkte das „Hergottsschäfchen“ auf seinen rothen Flügeldecken hat, so viele Gulden wird das Strich Getreide kosten.

Wenn im Gebirge (des Oberlandes) eine Leiche aus dem Hause getragen wird, werden alle Stühle umgestürzt, dann kommt der Tote nicht wieder. Wer am heil. Abend beim Lichtanzünden seinen Schatten nicht sieht, der stirbt binnen einem Jahre; auch der zuerst eine Nuß aufmacht, welche taub ist.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 314ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
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