58. [Das Teufelchen]

Einige Leute in der Umgegend von Feldsberg (Herrnbaumgarten) in Nied. Österr. stehen im Ruf, einen dienstbaren Geist in Form eines kleinen Teufels zu besitzen, durch welchen sie gar manche Vortheile erlangen, indem er sie von allen wichtigen Geheimnissen in Kenntnis setzt, und ihnen in allen Geschäften und Unternehmungen Glück bringt.

Nach der dort allgemein herrschenden Ansicht wird dieser Teufel auf folgende Art erhalten: von einer ganz schwarzen Henne, welche auch nicht das kleinste weiße oder überhaupt lichtgefärbte Federchen an sich haben darf, nimmt man das siebente Ei, welches sie legt und trägt dann dasselbe ununterbrochen sieben Tage unter der linken Achsel. Dadurch wird es ausgebrütet und am siebenten Tage erhält man einen kleinen Teufel, welcher dann sogleich den höflichen Antrag stellt, auf jede Art dienstbar zu sein, nur verlangt er, daß ihm nach dem Tode seines Herrn dessen Seele gehören solle. Nun gilt aber nach der Meinung jener Leute für den Teufel ein ganz besonderes Gesetz; kann nämlich sein einstweiliger Besitzer ihn unbemerkt einem zweiten zubringen, so besteht dann der Vertrag mit diesem, und wenn er der Dienste und Gesellschaft des Teufels überdrüssig wird, so überläßt er denselben wieder einem dritten und sofort bis auf den siebenten. Diesen letzten aber verläßt dann der Teufel unter keiner Bedingung; er wird im Gegentheil immer wilder und verlangt immer mehr Aufmerksamkeit; sein Herr kann ihn nicht mehr schön genug waschen und kämmen, und statt ihm Dienste zu leisten mishandelt er ihn, indem er ihm in der Nacht das Gesicht durch zerkratzen entstellt. Endlich stirbt der unglückliche siebente Besitzer eines meist geheimnisvollen unnatürlichen Todes und der Teufel macht sich dann mit der Seele auf und davon.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 257f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, April 2005.