Beleg 17 -21 [Von der Thomasnacht]

17. Um ihre künftigen Ehegenossen zu erkunden, gehen die Dirnen und Burschen zu dem Gartenzaun hinaus, fassen einen Pfahl desselben, wo möglich Holz von der Haselstaude und sprechen dabei:

„Gartenzaun, ich schütt'r dich,
Feines Lieb, ich witt'r dich".
Darauf sehen sie entweder die Gestalt oder hören den Namen des oder der Zukünftigen.

In der Thomasnacht kann man dieß auch erfahren, indem man um zwölf mit einem Fuß auf das Bett tritt, sich aber ja nicht umsieht und spricht:

Bettschemel ich tritt dich,
heil'ger Thomas, ich bitt dich,
zeig' mir an
mein künft'gen Mann. Oder:
Zeig' mir glei'
mein künftigs Wei'.

In der Christnacht kann man auch erfahren, welche Weiber in der Gemeinde Hechsen [Hexen] sind. Zu dem Behufe muß man sich lange vorher ein Kirschzweiglein in der Stube einsetzen, so daß man mit einer Kirschblüte zur Mette gehen kann; auch muß man die Kleider verkehrt anziehen. Alsdann erkennt man in der Kirche die Hechsen [Hexen] daran, daß sie dem Altar den Rücken zukehren, und einen Milchamper, auf dem Kopfe haben. Hierauf muß man sich aber schnell entfernen, sonst könnten einem die Hechsen [Hexen] etwas böses anthun.

Ist man einmal unter einer Dachtraufe angelangt, so haben die Hechsen [Hexen] ihre Macht verloren, und man ist ihren Verwünschungen entzogen. (Nieder-Österreich.)

18. Will jemand wissen, wen er heiraten werde, so muß er am Thomasabend vor dem schlafengehen den Bettstaffel treten. Dieß besteht darin, daß man den untersten Theil des Bettes mit dem linken Fuße dreimal tritt, und dabei jedesmal folgende Worte spricht:

Bettstaffel ich trit' dich,
heiliger Thomas ich bit' dich,
lass' mir erscheinen
den allerliebsten meinen.

Nachdem dieses dreimal gesprochen, muß man sich umgekehrt in das Bett legen, also daß der Kopf dahin zu liegen kommt, wo gewöhnlich die Füße liegen; auch darf man nicht auf der gewöhnlichen Seite in das Bett steigen, oder nach dem Bettstaffeltreten noch Anordnungen für den nächsten Tag machen und dergleichen, sondern man muß gleich unmittelbar nach demselben über den Bettstaffel in das Bett steigen. Man glaubt, daß dann im Traum die erwünschte Person erscheinen werde. (Nieder-Österreich.)

19. Wenn jemand wissen will, was aus ihm werden wird, so schreibt er sich mehrere Beschäftigungen, von denen er glaubt, daß er eine davon wählen werde, auf verschiedene Stücke Papier oder zusammengerollte Papierstreifen, legt diese unter sein Kopfküssen, und zieht, sobald er erwacht, eine derselben hervor; was dann auf diesem geschrieben steht, das wird er. (Das.)

20. Man mache sich einen Stuhl aus siebenerlei Holz, diesen nehme man in die Christmette und setze sich darauf, so wird man sehen, wie beim Hochaltar der Teufel sitzt, und wie ihn die Hechsen [Hexen] frisieren. (Ober-Österreich.)

21. Man nehme in der Thomasnacht einen Spiegel und ein brennendes Licht und gehe damit ins Freie. Schlag 12 Uhr schaue man in den Spiegel und man wird in diesem Augenblicke sehen, was diejenige Person thut, die einem lieb ist. (Daselbst.)

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 336f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juni 2005.