18. [Eine Nacht wahrt im Berge ein Jahr]
Am Florianberg bei Bisenz in Mähren liegt seit den Zeiten der Tartaren
eine Schloßruine. Der Besitzer des Schlosses hatte sich mit seiner
Famili ein ein Gewölbe geflüchtet und war verschüttet worden.
An einem Charfreitage während der Passionsgebete sah ein Mädchen
eine Öffnung. Sie gieng hinein und traf in einem reichgeschmückten
Sale einen Mann, eine Frau und einen Knaben. Die Frau trug dem Mädchen
auf, das Kehricht zusammen zu fegen und in eine Kiste zu thun. Da sie
nun zu ihren Eltern wollte, um zu berichten, wo sie im Dienste sei, sagte
die Frau, sie könne morgen gehen, heint könne sie hier schlafen.
Die Eltern suchten überall vergebens, während die Tochter schlief
bis zur folgenden Charwoche. Dann nahm sie Abschied und bekam das Kehricht
als Lohn, der zu Hause sich in Goldmünzen verwandelte. Erst von den
Eltern erfuhr das Mädchen, daß sie ein Jahr lang fort gewesen
sei.
Quelle:
Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken,
Wien 1859. S. 137
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.