13. [Den Teufel an die Wand malen]

Vor vielen Jahren lebte in Bechin (im südl. Böhmen) ein sehr geschickter Maler, welcher auf seine Kunst nicht stolz war, sondern ein gottgefälliges Leben führte. Ans Frömmigkeit malte er auf die Thür der Vorhalle des Franziskaner Klosters und zwar auf den rechten Flügel die Mutter Gottes in all ihrer Schönheit, umgeben von himmlischer Glorie, auf der linken Seite hingegen den Teufel in seiner ganzen Abscheulichkeit. Die beiden Bilder machten eine solche Wirkung auf den Beschauer, daß die vorübergehenden, den Teufel ansehend, sprachen: Gott behüte mich! und schnell sich gegen Maria wendend: gegrüßet seist du Königin! Bitte für uns arme Sünder. Das schreckhafte Bild des Teufels hatte viele Bösewichte zur Erkenntnis gebracht. Der Teufel machte darum Rachepläne gegen den Maler. Der Winter kam herbei und mit ihm die freudenvollen Weihnachten. Unser Maler genoß die Freude dieses heil. Abends nur spärlich. Als er des Abends sich zur Ruhe begeben hatte, erschien bei der Bettstatt der Teufel, um seinen Racheplan zu vollziehen. Der Böse gab dem Schläfer einen bösen Traum ein. Es träumte ihm nämlich, als höre er die Glocken des Klosters, die zur Mette läuten. Er erwacht, springt vom Lager auf, kleidet sich rasch an und wandert zur Kirche. Sobald er in's Freie tritt, hört das Schneegestöber auf, welches bereits den Boden mit einer dicken Schichte bedeckt hatte. Ohne etwas arges zu ahnen, setzt er seinen Weg fort. Indessen kommt es ihm wunderbar vor, daß eine feierliche Stille um ihn herum herrscht und keine menschliche Seele sich blicken läßt, aber die meiste Sorge verursachten ihm die nicht erleuchteten Klosterfenster. Doch er geht vorwärts bis zur Kirchenthür und pocht und Versucht diese aufzumachen, allein vergebens, die Thüre bleibt verschlossen. Unverrichteter Sache kehrt er auf demselben Wege nach Hause und legt sich nieder, in der Absicht wach zu bleiben, bis es Zeit sei. Nach einiger Zeit hört er einen Lärm der immer näher kommt, und auf einmal sieht er sein Haus von bewaffneten umzingelt. Der erschrockene Maler wollte hinaus eilen, da öffnete sich die Thüre und ein Rathsherr trat mit drei andern Personen in das Zimmer und sprach: die Gerechtigkeit fordert, daß ich in euer Haus mit bewaffneter Macht eindringe, denn die Klosterkirche ist der geweihten Gefäße beraubt worden, und da wir im Schnee frische Fußstapfen fanden, so folgten wir ihnen und sie führten uns zu eurer Wohnung. Wisset ihr von diesem Raube, so gesteht es reumütig; thut ihr das nicht und wir finden die Sachen bei euch, dann helfe euch Gott. Der Maler rechtfertigte sich so gut er konnte, aber der Rathsherr wollte seinen Worten nicht glauben und befahl das ganze Haus zu durchsuchen. Jedoch vergebens, weder im Zimmer, noch am Boden und im Keller fand man etwas. Die Herrn wollten schon unverrichteter Sache zurückkehren, da führte sie der Maler zu einer Truhe, die früher ihrer Aufmerksamkeit entgangen war und sprach: Da habet ihr noch nicht gesucht. Ja er machte die Truhe selbst auf. Wer beschreibt aber seinen Schrecken, als er die heil. Geräthe darinnen sieht. Unter einem Hohngelächter ergreifen ihn die Männer, legen ihm Fesseln an und führen ihn in's Gefängnis. Nach einigen Tagen wird der Maler vor das Gericht gestellt und aufgefordert seine That zu bekennen. Er beharret aber darauf, daß er unschuldig sei und trotzdem daß er auf die Folter gespannt wird, bleibt er unerschüttert. Jedoch zum drittenmale grausam gefoltert, hat er keine Kraft mehr, um die Schmerzen zu ertragen und bekennt sich des Raubes schuldig, obwohl es ihm einen harten Kampf kostet. Der Maler wurde zum Tode durch den Strang verurtheilt. Als er den letzten Tag vor seiner Hinrichtung tief gebeugt war von dem Unglücke, krachte plötzlich die Thür und der Satan stund vor ihm und sprach höhnisch: Wenn du willst so erlöse ich dich. Der Maler sprach: Außer meiner Seele steht dir alles zu Gebote, sprich, was soll ich thun? Deine Seele verlange ich nicht, erwiederte der Teufel, die passt nicht für mich. Ich mache dir einen Vorschlag: wenn du mein Bildnis auf der Klosterthüre wegwaschen willst, so werde ich mich statt deiner hängen lassen. Mit Freude willigte der Maler ein, und der Teufel sprach: Geh nun nach Hause, schließe dich ein und wenn morgen die Leute von der Hinrichtung zurückkommen, so nimm eine weiße Farbe, geh zum Kloster und streiche mit ihr über den linken Flügel. Darauf berührte der Teufel die Ketten, welche sogleich dem Maler von Händen und Füßen fielen. Die Kerkerthür öffnete sich und der unschuldige war erlöset. Der Satan wurde auch wirklich hingerichtet, ohne daß jemand wüste, daß es der Maler nicht sei. Der Priester rief dem Satan unter dem Galgen zu, er solle sich bekehren und seine großen Sünden bereuen. Der vermeinte Maler gab keine Antwort und er schien tot. Als aber die Leute von der Hinrichtung nach Hause giengen, erstaunten sie, da sie den Maler erblickten, wie er den Teufel an der Klosterthüre mit weißer Farbe überstrich. Einige eilten zum Galgen und sahen da auf dem Stricke ein Bund Stroh hängen; andere fragten den Maler, wie es denn komme, daß er noch lebe. Dieser erzählte ihnen nun die ganze Geschichte mit dem Teufel. Von dieser Zeit an malte er keinen Teufel mehr.1)

1) Sollte das Sprichwort „man soll den Teufel nicht an die Wand malen“ von solchen Mythen herrühren? Obiges hat eine Frau aus Bechin erzählt.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 378ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juli 2005.