22. [Der kohlschwarze Wagen]

Es mag ungefähr fünfzig Jahre her sein, da gieng vom Wirt zu Heiligenkreuz, der zugleich Fleischhauer war, ein Bankknecht nach dem nahen Dornbach um ein Kalb. Es fieng an dumper (dunkel) zu werden, als er seinen Heimweg antrat; deswegen suchte er sich zu beeilen. Weil er aber sein Kalb nicht recht weiter brachte, so wurde er zornig und fieng fürchterlich zu fluchen und zu schelten an, was er auch auf dem ganzen Wege herab that. So war er bis zum Einsiedlerkreuz gekommen, welches damals noch "enter" dem Dornbache gestanden ist. Da sieht er auf einmal aus dem Einsiedlergraben heraus einen kohlschwarzen Wagen mit vier Rappen bespannt auf sich zukommen. Aus dem Wagen stiegen zwei schwarze Männer heraus. Über das erschrack er so sehr, daß er sein Kalb liegen ließ und in einem Athem nach Hause lief.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 100f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.