43. [Der Trollen]

In Altstadt im nördlichen Mähren heißen die Bergmännchen Trollen. Das nordische Wort troll, tröll, wird von Riesen, Elben und zauberhaften Wesen gebraucht. (Gr. M. 493, 956, 993,) Im mhd. trolle (masc.), in Altstadt "der Trollen". Meines Wissens kommt der Name in deutschen Sagen sonst nicht vor. Daß die Trollen in der folgenden Erzählung sich vor dem donnerähnlichen Geräusche fürchten, beweist ihre riesische Natur; die übrigen Züge sind mehr elbisch. In Allstadt erzählt man:

Das Bergvolk hat große Furcht vor dem donnern, so wie auch vor dem trommeln, weil es dem donnern gleicht. Wenn sie sehen, daß sich die Wolken zum Ungewitter zusammenziehen, so eilen sie gleich in ihre "Bergeln".
In der Nähe von Altstadt in Mähren lebte ein reicher Pächter, auf dessen Gut ein Bergerl war, in dem ein Trollen wohnte. Als nun einmal dem Pächter ein Kind getauft wurde, war er in großer Verlegenheit, da er den Trollen einladen muste, wenn er von ihm ein Taufgeschenk haben wollte. Und dieß hätte er doch gern gehabt. Da fiel ihm ein, daß der Knabe, der seine Schweine hütete, sehr pfiffig war, und er übertrug dem Knaben das Geschäft. In der Nacht um zwölf Uhr gieng der Bursche zum Hügel und klopfte an. Da wurde ihm geöffnet und er lud den Trollen zur Taufe ein. Dann muß ich wohl, sprach dieser, auch einen großen Taufschatz hergeben. Er öffnete seine Goldkiste, befahl dem Burschen, den Sack zu halten und warf das Gold hinein. Ist das genug? sprach er, als er schon viel hineingeworfen hatte. Der Knabe antwortete: Viele geben mehr, wenige geben weniger. Das Männchen warf noch mehr hinein. Ist's genug? fragte es. Der Bursche sah hinein, hob auf, ob er noch mehr tragen könne und sprach: Das geben die meisten. Da leerte der Trollen die ganze Kiste und der Bursche sprach: Keiner gibt mehr, viele geben weniger. Da sprach der Trollen: Was für Gäste werden dort sein und was für eine Musik? Der Knabe entgegnete: Als Gäste sind drei Priester geladen, ein Bischof, St. Peter, St. Paul und die heil. Maria. Bei der Musik wird getrommelt. Getrommelt? erwiederte erschrocken der Trollen. O! dann komme ich nicht; einst gieng ich bei einem trommelnden vorbei, da warf er mir das Trommelholz auf den Fuß, daß ich heut' noch hinke.

Der Bursche bedankte sich und gieng heim. So war der Pächter von diesem Gaste befreit und hatte doch den Taufschatz.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 227f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.