Die Hexenbraut

Vor langen Jahren lebte in Eisenstadt ein junger Mann, dessen Braut außerhalb der Stadt wohnte. Jeden Abend kamen die jungen Leute in einer einsamen Gegend zusammen und verabschiedeten sich gewöhnlich um elf Uhr nachts. Wer das Mädchen war und wo es wohnte, davon hatte der unerfahrene junge Mann keine Ahnung. Einmal wollte er sie zur Abschiedszeit begleiten, aber erst nach langem Sträuben ließ sie es zu. Nach einer kurzen Wanderung trafen die beiden eine Gesellschaft, die sich unter alten Bäumen köstlich unterhielt. Das Mädchen stellte dem Jüngling die Leute als ihre Verwandtschaft vor, und eine alte Frau munterte ihn auf, sich als neuer Gast mit seinem eigenen Blute in ein Buch, das sie ihm vorhielt, einzutragen. Unheil ahnend, wehrte sich der junge Mann, dies zu tun, gab aber dem Drängen der Alten schließlich nach und schrieb in das Buch: „Jesus, Maria, Josef!“ Aber kaum hatte er fertiggeschrieben, wurde es um ihn herum plötzlich finster, und unter mächtigem Donnergerolle war die ganze unheimliche Gesellschaft samt seiner Liebsten im Dunkel der Nacht verschwunden. Da er sich in der Gegend nicht auskannte, wartete er die Morgendämmerung ab. Von einem Bauern, der des Weges kam, erfuhr er, dass er weit weg von Eisenstadt sei. Drei Tage und drei Nächte musste er wandern, um seine Heimat wiederzusehen.

Quelle: Anton Mailly, Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, Nr. 52; zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 70 - 71.