Das Berimandl von Eisenstadt

Am Burgstallberg soll sich ein Burgmännlein, drei Spannen hoch, mit Lederkragen und Kapuze versehen, aufhalten. Leute sollen es gesehen haben, wie es sich an schönen Tagen auf den zerstörten Schanzen der einstigen markomannischen Wallburg sonnte und dabei in die Ebene hinauslugte. Überraschte man es auf der Kuppe und wollte man es ansprechen, so legte es seinen Zeigefinger auf den Mund und verschwand im Gebüsch. Das Männlein hatte die Gabe, in die Zukunft sehen zu können, und soll die Bewohner der Eisenstadt durch sein Erscheinen unter der Emporkirche während des Hochamtes vor kommendem Unglück warnen. Wenn es auch ein harmloses, ja gutes Geschöpf ist, weicht man ihm doch gerne aus.

Einmal hörte ein Bürger, der spätabends von seiner Auwiese nach Hause schritt, hinter sich ein leises Trippeln. Als er sich umwandte, gewahrte er das Berimandl. Traurig blickte es ihn an. Der Bürger erschrak, er ahnte ein Unglück, schritt voll Besorgnis den gewohnten Heimweg ab und kletterte von den Gärten aus über die hohe Hofmauer. Kaum war er in seinem Haus drinnen, bemerkte er abermals das Berimandl hinter sich.

"Mußt nicht stark weinen", sprach es zu ihm.



Als der Bürger in die Stube trat, fand er sein Weib im Sterben.



Quelle: Anton Mailly, Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Wien/Leipzig 1931, Nr. 32 u. S. 558, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 242f.