Das Bettelweib
Es war einmal ein armes Bettelweib, die ist alle Tage mit dem Rückenkorb betteln gegangen. Und was sie nicht essen hat können von dem, was sie bekommen hat, hat sie zusammengelegt in ein großes Faß. Hat drinnen Brot gehabt, Speck, Bohnen, Eier und auch noch andere Sachen.
Nach ein paar Jahren, wie es voll gewesen ist, ist sie krank geworden,
hat aber nicht sterben können. Da hat sie den Pfarrer rufen lassen
und hat gebeichtet. Sie hat aber noch nicht sterben können. Da fragt
der Pfarrer, ob sie etwas auf dem Gewissen hat, daß sie nicht sterben
kann. Sagt sie, ja das eine, daß sie das große Faß mit
den vielen Almosen hat, was sie nicht mitnehmen kann. So sagt der Pfarrer,
warum sie das denn nicht verschenkt hat, was ihr zuviel gewesen ist. Sie
soll sich halt in das Faß hineinsetzen, vielleicht könnte sie
nachher doch leichter sterben.
Sie setzt sich richtig hinein. Da sind aber aus dem Brot und aus dem Speck
und aus den Bohnen und Eiern lauter Schlangen und Ottern geworden, die
haben sie erwürgt und gebissen, haben sie umgebracht. Das ist ihre
Strafe gewesen für den Geiz.
Quelle: Schwanke, Sagen und Märchen in heanzischer Mundart, Johann R. Bünker, Graz 1981 (ergänzte Auflage von 1906, hrsg. v. K. Haiding), Nr. 33, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 194f.