Das Frischherz-Kreuz in Mattersburg

Im Jahre 1683 geriet der kaum achtzehnjährige Paul Frischherz aus Trautmannsdorf in Niederösterreich in türkische Gefangenschaft und kam als Sklave zu einem ägyptischen Pascha. Dieser gewann ihn lieb und schenkte ihm ein so großes Vertrauen, daß er ihn zum Vorsteher zweier Ortschaften am Nil bestellte. Frischherz fühlte sich aber in der Fremde unglücklich und sehnte sich nach der Heimat zurück.

Da geschah es, daß nach fünfzehn Jahren der Pascha wieder in den Krieg gegen Österreich zog. Frischherz mußte ihn begleiten. Auf seine endliche Befreiung hoffend, verkaufte er eiligst seine Kostbarkeiten, ließ sich einen großen türkischen Sattel anfertigen und versteckte darin sein Gold. Im Krieg verlor er den Gebieter. Nun versuchte er zu flüchten. In einer finsteren Nacht stieß er auf einen österreichischen Posten, der ihn gefangennahm, da er ihn für einen Türken hielt. Dabei verlor Frischherz sein Pferd mit dem Goldsattel. Als er nach einigen Tagen als Österreicher erkannt und freigelassen wurde, wollte niemand seinen Goldsattel gesehen haben. Gänzlich verarmt, mußte er den weiten Weg über Ungarn nach seiner Heimat zu Fuß zurücklegen. In Mattersdorf, wie früher Mattersburg hieß, fand Frischherz bei einem Faßbinder Arbeit. Er verblieb dort viele Jahre und heiratete nach dem Tod des Meisters dessen Witwe. Als frommer Christ ließ er dort eine Gedenksäule errichten, die folgende Inschrift trägt:

"Anno 1711 den 6. Meu hab ich Meister Pavl Frischherz Vaspinther und Mitnachpahr in Markh Moterstarf Urschole meiner Ehewiertin und ter AllerheiligSten Treifaltigkeit zu Ehren tises Crevz machen lassen." a)

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Ein abenteuerliches Schicksal war dem achtzehnjährigen Paul Frischherz aus Trautmannsdorf in Niederösterreich beschieden.

Er wurde auf dem Heimweg von der Feldarbeit von einer Türkenhorde umringt und niedergeschlagen. Als er wieder zu sich kam, saß er gefesselt hinter einem schnauzbärtigen Janitschar ohne Sattel auf einem Türkenpferd.

Der Ritt ging zunächst bis Brück an der Leitha. Dort befand sich ein großes Zeltlager. Frischherz wurde zu einem vornehmen Türken gebracht, der wie ein Wesir gekleidet war. Dieser ließ ihn nach der Länge und Dicke messen, danach mußte er sein grobes Leinenzeug ausziehen und in eine Türkenuniform schlüpfen.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Osten, immer tiefer in das ungarische Land hinein. Den Gefangenen hatten sie auf ein Pferd gebunden. Er wurde streng bewacht, doch sonst ging es ihm leidlich gut. Er bekam zu essen und zu trinken und gewöhnte sich mit der Zeit an sein hartes Los. Nur wenn sie ihm etwas befahlen, das er nicht gleich verstand, gaben sie ihm die Peitsche zu kosten, die ihnen ziemlich locker in den Händen lag. Er bemühte sich deshalb, so gut es ging, die fremde Sprache zu erlernen. Und er stellte sich dabei nicht einmal so ungeschickt an. Zum erstenmal in seinem jungen Leben erkannte er, daß die Not der beste Lehrmeister war. Bald beherrschte er Türkisch so gut wie seine eigene Muttersprache.

Viele Tage lang ritten sie immer nur nach Osten. An einem großen See, dem Plattensee, schwenkte die Horde nach Süden, erreichte bei Mohacs die Donau und zog in südlicher Richtung weiter. In Belgrad machten sie ein paar Tage Rast, anschließend ging es über Banjaluka und Üsküb weiter nach Saloniki am Ägäischen Meer.

Fünfmal wurde er hohen Herren vorgeführt, mußte viele Fragen beantworten, wurde gemessen und gewogen, neu eingekleidet und schließlich einem türkischen Pascha als Leibsklave zugeteilt.

Acht Tage später fuhr er mit seinem neuen Herrn und Gebieter auf einem Schiff in das ferne Land Ägypten.

In den vielen Monaten seiner Gefangenschaft hatte Paul Frischherz gelernt, flink, fleißig und ehrlich zu sein und vor allen Dingen alle Befehle genauestens auszuführen. Diese Eigenschaften und die guten Sprachkenntnisse verschafften ihm beim Pascha eine Art Vertrauensstellung, und so kam es, daß er bald nach der Ankunft in Ägypten zum Vorsteher zweier Ortschaften am Nil bestellt wurde.

Die Eingeborenen, die ihm anfangs mißtrauisch, ja sogar ablehnend gegenüberstanden, lernten ihn schon nach kurzer Zeit schätzen und lieben, weil er sie gerecht und milde behandelte. Geschickt wußte er alle Streitigkeiten zu schlichten. Nie gebrauchte er die Peitsche wie die anderen Vorsteher, so gewann er die Herzen seiner Untertanen.

Trotz des guten Lebens, das Paul Frischherz nun führte, fühlte er sich aber in der Fremde unglücklich und sehnte sich nach der Heimat zurück.

Da geschah es, daß der Pascha nach fünfzehn Jahren Ruhepause wieder in den Krieg gegen Österreich zog. Frischherz erhielt den Auftrag, ihn zu begleiten. Mit keiner Silbe verriet er, wie sehr er sich darüber freute. Er verkaufte heimlich seine Kostbarkeiten, die er in den verflossenen Jahren erworben hatte, ließ sich einen großen türkischen Sattel anfertigen und versteckte darin sein Gold. Er nahm sich vor, bei der erstbesten Gelegenheit, die sich ihm bieten würde, zu den Kaiserlichen überzulaufen.

Die Dorfbewohner brachten ihm viele Geschenke und weinten, als er das Schiff bestieg. Ein wenig schmerzte auch ihn der Abschied, denn er hatte sich im Laufe der Zeit an die Leute gewöhnt. Sein Nachfolger würde sie gewiß nicht so gut behandeln, wie er es getan hatte. Aber das sollte nun nicht mehr seine Sorge sein. Weitaus mächtiger als die Zuneigung zu den Leuten war in ihm die Freude darüber, der Heimat ein Riesenstück näher zu kommen.

Von Saloniki aus ging es mit einem großen Heerzug nach Norden. Die breite Heerstraße entlang des Vardar und der Morawa war vollgestopft mit Wagen und Soldaten. Nach kurzem Aufenthalt in Belgrad gelangten sie nach Mohacs. Dort gab es die erste Feindberührung. Sie endete mit einer Niederlage der türkischen Abteilung.

In dem heillosen Durcheinander, das nun folgte, geriet er mit der Truppe, die der Pascha befehligte, in einen feindlichen Hinterhalt. Heftig tobte der Kampf. Von einer Kugel getroffen, stürzte der Pascha vom Pferd. In wilder Flucht zogen sich die geschlagenen Türken zurück.

Nun sah Paul Frischherz seine Zeit für gekommen. Er stellte sich den nachdrängenden Kaiserlichen mit erhobenen Armen und rief ihnen in deutscher Sprache zu:

"Nicht schießen, ich bin ein Österreicher!"

Man hielt es aber für eine List, und ein Soldat hob sein Gewehr, um ihn zu töten.

Da sprang Paul Frischherz vom Pferd und lief in den nahen Wald, wo er sich bis zum Abend versteckt hielt. In der Nacht stieß er auf einen kaiserlichen Posten, der ihn gefangennahm.

Als er tags darauf als Österreicher erkannt und freigelassen wurde, begann er sofort, sein Pferd mit dem Goldsattel zu suchen, doch er konnte es nirgends mehr finden, sosehr er sich auch bemühte.

Bettelarm mußte er nun den weiten Weg über Ungarn nach seiner Heimat zu Fuß zurücklegen. Im heutigen Mattersburg, das damals Mattersdorf hieß, fand er bei einem alten Faßbinder Arbeit und Unterkunft. Er verblieb dort viele Jahre und heiratete nach dem Tod des Meisters dessen Witwe.

Später ließ er eine Gedenksäule errichten, die heute noch steht und folgende Inschrift aufweist:

"Anno 1711 den 6. Meu hab ich Meister Paul Frischherz Vas-pinther und Mitnachpahr in Markh Motherstarf Urschole meiner Ehewiertin und ter Allerheiligsten Treifaltigkeit zu Ehren tises Creuz machen lassen." b)


Quelle: a) Adolf Parr und Ernst Löger, Sagen aus dem Burgenland, Anton Mailly Wien/Leipzig 1931, Nr. 90, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 152ff.
b) Burgenland - Sagen und Legenden, Friedrich Schattauer, Waidhofen, 1980, S. 102ff, zit. nach ebenda.