Der Geist des Schulzen

Es war einmal ein Schulze. Er war immer sehr schlecht zu den Armen. Was die Armen vom Staat oder ich weiß nicht, von wo, bekommen haben, das hat er immer für sich verbraucht. Er hat für sich ein schönes Haus gemacht, und den Armen hat er nichts gegeben. Und er ist gestorben. Man hat ihn begraben.

Sieben Jahre darauf ist er einem Mädel im Dorf erschienen. Das Mädchen hat sieben Kinder gehabt, sie hat sie aber schön erzogen. Sie hat alles allein bearbeitet. Mit einem Wort, sie hat die Kinder nicht von sich gestoßen. Also, jetzt ist ihr der Schulze erschienen. Er hat sie gebeten, daß sie ihm helfen soll, weil er schon seit sieben Jahren auf dem Scheunenboden leidet. Immer stehen Wagen, und die fahren immer hin und her auf ihm. Er hat zu ihr gesagt:

"Wabi, du hast im Himmel sieben gedeckte Tische. Einen sollst du mir überlassen."

Das Mädchen war so erschrocken, daß sie ihm vor Schreck alle versprochen hat, daß er ihr Ruhe gibt. Sie gibt ihm alle. Der Schulze sagt zu ihr:

"Nicht alle, nur einen."

Er sagt, daß alle sieben Tische von ihr voll von Rosen sind. Sie soll ihm nur einen geben.

Also, das arme Mädchen hat ihm den versprochen. Als sie ihm den versprochen hat, hat der Schulze sie dann darum gebeten, daß sie zum Pfarrer hingeht und den Pfarrer bittet, daß er für ihn eine Messe liest. Und ihn wird dann dieses Mädchen in die Kirche tragen, und er wird dann dort, wenn der Herr gezeigt wird, von allen Sünden befreit.

No, das Mädchen hat zugestimmt. Sie hat den Schulzen gesehen, sonst aber hat ihn niemand gesehen. Jetzt ist das Mädchen zum Pfarrer gegangen. Sie hat ihm gesagt, daß ihr der Geist des Schulzen erschienen ist, und er hat sie um das und das gebeten, daß der Pfarrer ihm das tun soll, daß er für die Seele des Schulzen eine Messe liest. Der Pfarrer hat sie hinausgeworfen. Er hat ihr gesagt:

"Du bist närrisch geworden, wie kann man so was wünschen! Das ist auch nicht wahr."

Dann ist das arme Mädchen nach Haus gegangen. Sie wußte jetzt nicht, was sie tun sollte. Sie hat gedacht, daß der Schulze wieder zu ihr kommt. Die Arme hat sich gefürchtet.

Jetzt, in der Nacht, ist der Schulze wieder zu ihr gekommen. Da hat er sie gefragt, wie und was beim Pfarrer war. Da sagt die Wabi zu ihm, daß sie dort nichts erreicht hat. Weil der Pfarrer sie hinausgeworfen hat.
Er sagt:

"Das macht nichts, Wabi. Geh zum anderen Pfarrer, erzähl ihm alles und bitte ihn schön."

Das war ein alter Pfarrer. Nun ist das Mädchen am nächsten Tag hingegangen. Sie hat dem Pfarrer alles erzählt. Ihr hat der Pfarrer gesagt:

"Gut, meine liebe Tochter, ihr sollt nur herkommen. Ich werde euch morgen eine Messe lesen."

No, als das Mädchen zurückging, hat der Schulze schon auf sie gewartet. Sie hat ihm, dem Schulzen, gesagt, daß alles in Ordnung ist, morgen geht's in die Kirche. Der Schulze sagt, daß er dann zeitig dasein wird. Und es war auch so. Dann sagt er zur Wabi, daß sie sich schön anziehen soll, ein weißes Kopftuch auf ihren Kopf binden. Nicht ein andersfarbiges, nur ein weißes. No, das Mädchen hat seinen Rat befolgt, sie hat um ihren Kopf ein weißes Kopftuch gebunden.

No, jetzt, bevor sie fortgingen, sagte der Schulze, daß er sich jetzt auf ihren Rücken setzt, weil man ihn tragen muß, er kann nicht gehen. Als er sich hinaufsetzte, haben zwei Männer ihre Hände verschränkt gehalten, und so trugen sie die Frau in die Kirche. Das waren richtige Menschen. Die Frau konnte nicht gehen, und der Schulze hatte ihr gesagt, sie soll ihre beiden Hände auf ihren Kopf legen, auf das Tuch.

Jetzt haben sie sie in die Kirche getragen und dort hingestellt. Die Frau, und der Mann war auf ihrem Rücken.

No, jetzt war die Messe, mit einem Wort, bis zur Erhebung. Als der Herr erhoben wurde, dann fiel die Frau um. Sie ist umgefallen, nicht? Das Volk lief hin, damit man ihr hilft. Aber der Pfarrer hat das nicht zugelassen. Er sagte, man soll sie nur lassen, sie kommt auch allein wieder zu sich.

Da hat die Seele der Frau, wie sie aus ihr herausflog, den Schulzen schon hinaufgetragen, in den Himmel. Weil er dann schon selig geworden ist, nicht? Der Schulze.

Also, nachher hat die Frau erzählt, daß sie so schnell flog wie eine Biene. Als sie vor dem Himmelstor ankam, da hat er dem Mädchen für alles Dank gesagt, was sie für ihn getan hat, daß sie ihn erlöst hat. Und daß er nun die Botschaft nach Haus geschickt hat, daß sie seinen Verwandten sagen soll, daß sie demnächst zu den Armen freigiebiger werden sollen.

Dann hat die Frau zu Haus alles erzählt, aber ein Jahr darauf starb sie.

Alle haben die Frau gesehen, weil viele sind in diese Kirche gegangen.



Quelle: Angaben zu den abergläubischen Erzählungen aus dem südlichen Burgenland (Burgenländische Forschungen, H. 33), Karoly Gaal, Eisenstadt 1965. Nr. 224, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 86ff.