Die zwei Halterbuben

Es waren zwei Halterbuben (Hirten), die haben auf der Wiese Ochsen gehalten. Den ganzen Sommer sind sie beisammen gewesen, hat einer dem anderen nichts getan.

Zu Michaeli (29. September), dem Herbst zu ist es schon gewesen, da sind sie zu Mittag wieder zusammen gegangen, wie sie's immer getan haben, und haben ihr Brot gegessen.

Sagt der eine zum anderen:

"Hast du ein schwarzes Brot!? Mein Brot ist weiß wie ein Beugel (weißes Milchbrot in gebogener Form), und deines schaut der Erde gleich."

"Trotzdem", sagt der andere, "schmeckt mir mein schwarzes Brot so gut wie dir dein weißes."

Am anderen Tag treiben sie wiederum aus auf die Wiese, wo sie alle Tage waren. Ein jeder hat extra abgelegt, der eine dort, der andere da.

Um elf, halb elf war der mit dem weißen Brot schon dort beim schwarzen Brot des anderen. Nimmt dessen schwarzes Brot heraus, hat es ausgehöhlt und hat hineingemacht. Er tut die Rinde, die er herausgeschnitten hat, wieder drauf und legt das Brot wiederum hin und deckt es mit der Jacke zu.

Um zwölf kommen sie zusammen zum Brotessen. Der (andere) nimmt die Jacke weg, nimmt's Brot heraus und will es auseinanderschneiden. Jetzt ist der Dreck herausgeronnen. Er beginnt zu weinen und sagt:

"Warte, das sage ich jetzt meinem Herren."

Wie der Bub das sagt, da fängt der andere auch schon zu sinken an und sinkt bis auf die Knie in die Erde hinein. Da hat ihn Gott schon fallenlassen.

Der Bub geht aber zu seinem Herrn und sagt ihm das und daß er schon in der Erde drinnen steckt. Der Herr nimmt sich aber gleich den Pfarrer mit, daß er noch zu guter Letzt beichten kann. Viele Leute sind mitgelaufen, daß sie das Elend sehen.

Wie sie hineingekommen sind, ist er schon bis über die Brust drinnengesteckt in der Erde. Er schreit schon von weitem um Hilfe und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und bittet.

Wie sie ganz hingekommen sind, sinkt er in die Erde hinein, und das Loch geht zusammen. Ist verschwunden gewesen.


Quelle:Schwänke, Sagen und Märchen in heanzischer Mundart, Johann R. Bünker, Graz 1981 (ergänzte Auflage von 1906, hrsg. v. K. Haiding), Nr. 31, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 198f.