Der Hexer

Das ist wirklich passiert. Wo es geschehen ist, hat mir die Frau auch erzählt, auch ihr Mann. Sie sind schon gestorben. Die Frau vor acht Jahren und der Mann voriges Jahr im Winter. Hier, in diesem zweiten strohgedeckten Haus. Jetzt wohnt die Frau N. in dem Haus, wo das ein alter Mann gemacht hat. Dieser alte Mann ist jeden ersten Freitag im Monat dort hingegangen. Er wollte entweder einen Heurechen oder eine Gabel oder irgendein Werkzeug ausleihen. Und die sind nicht daraufgekommen, warum er von so weit zu ihnen kommt, ein Werkzeug auszuleihen.

No, ich bin an einem Abend gerade drüben. Der alte N. erzählt mir: "Du, Joschka, meine Kühe haben so gut Milch gegeben, und jetzt gibt keine Milch."

Und darauf hab' ich gesagt: "Sie sollten die Kühe besser füttern, vielleicht füttern Sie sie nicht gut?"

"Nein", sagte er, "ich füttere die Viecher geradeso wie früher, aber dieser verdammte Halter melkt die Kühe ab."

"Kann so was möglich sein?"

"Schau diesen Mann nur an, der kann nicht einmal gerade aus den Augen schauen. In dem steckt was Gemeines."

No, dann hab' ich zu ihm gesagt: "Ich hab' was gehört. Daß Sie diesen Besen, mit dem Sie den Stall kehren, wenn Sie mit der Fütterung fertig sind, bei der Stalltür, dort, wo die Schwelle ist, wo man hineingeht, verkehrt schräg hinstellen sollen. Und die Stange auch, mit der vom Brunnen das Wasser getragen wird. Die von der anderen Seite auch schräg. Und wenn beide so über kreuz stehen, dann können Sie erkennen, wer die Kühe abmelkt. Wenn dieser Mann herkommt, dann lassen Sie die dort. Sie sollen diesen Besen und die Stange genau so hinstellen, und der Mann soll die wegnehmen. Wenn dieser Mann sich traut, diese Stange von dort wegzunehmen, dann melkt er Eure Kuh nicht. Wenn aber nicht, dann kommt er nie wieder etwas ausleihen, und man wird auch Eure Kuh nicht mehr abmelken."

Und der alte N. hat das wirklich so gemacht. Er hat den Besen und die Stange dort so aufgestellt, als er sah, daß der Alte kommt.

Der Alte ist wieder gekommen etwas auszuleihen.

"Ich geb das gern. Nur, dort an der Stalltür ist der Besen und diese Stange, die sollst du anders hinlegen. Den Besen auf die linke Seite und die Stange auf die rechte."

Der Alte hat sich umgedreht und war fort. Und seit dieser Zeit konnte der die Kühe geradesogut melken wie vorher.

Das war ungefähr im 42er oder 43er Jahr. Und ich sage, hier, schräg gegenüber, hier in diesem Haus.


Quelle: Angaben zu den abergläubischen Erzählungen aus dem südlichen Burgenland (Burgenländische Forschungen, H. 33), Karoly Gaal, Eisenstadt 1965. zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 18ff.