Das Lutscherl

Am Ringkogel, nächst dem malerischen historischen Städtchen Hartberg, hebt sich wie eine dünne Nadel, erbaut auf den Trümmern einer alten Ringbefestigung (daher der Name der Höhe), die hohe Aussichtswarte gegen den Himmel ab. Von dort rechter Hand fast kein Höhenzug, fast keine Bergkuppe, auf denen im Sonnenschein nicht die weißen Mauern eines Kirchleins oder eines kleinen Weilers herüberleuchten würden, flankiert von einigen Tannen oder kleineren Waldparzellen.

Hier haust vom Elsenautal an bis hinauf zu den "Bußbauern" -dies der Name einzelner Gehöfte auf dem Hutwischrücken nordwestlich Bernstein, deren erste Bewohner vor undenklicher Zeit strafhalber zum Roden dieser Gegend hierher deportiert wurden - der von beeren- und schwämmesuchenden Weibern sehr gefürchtete Spuk des sogenannten "Lutscherls" (offenbar vom Namen Lucia). Nach dem Glauben der steirisch-österreichischen Grenzbevölkerung soll diese Spukerscheinung, an die bis tief ins Wechselgebiet geglaubt wird, eine dicke, zottige Gestalt mit Gänsefüßen haben, sich sehr wild und ungebärdig benehmen und allen jenen, die mit ihrem Gewissen nicht in Ordnung sind, speziell Hirtenkindern, mit ihren Krallen eine Wunde in Dreieckform auf die Ferse einschneiden. Ihr Erscheinen soll Unheil und Schaden bringen. In drei oder vier burgenländischen Grenzorten ist der Glaube an diese Erscheinung noch aufrecht.


Quelle: Schloß Bernstein im Burgenland, W. Erwemweig, Bernstein 1927, S. 48f (gekürzt), zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 124.