Die Ochsen im Nußbaum

Das ist hier in unserem Dorf geschehen.

Früher sind die Leute immer nach Ungarn gegangen, um Kühe zu kaufen. Auch ein alter Mann ist gut weit nach Ungarn gegangen. Er hat zwei schöne Ochsen gekauft. Es war dort ein Ungar, und auch der wollte sie kaufen. Er hat irgendwo dort gewohnt. Auch er wollte sie kaufen, unser Alter hat aber mehr für sie geboten. So hat er sie gekauft. Der ist zornig auf ihn geworden, weil er die zwei Ochsen vor ihm gekauft hat.

Dann haben sich die Hiesigen auf den Weg gemacht, sie sind nach Hause gekommen. Und sie haben die zwei Ochsen getrieben.

Kaum sind sie zu Hause angekommen, war auch schon dieser Ungar da. Bei diesem Bauern, der die Ochsen getrieben hat. Und der hat die Ochsen wollen. Der Bauer hat zu ihm gesagt:

"Wieso sind Sie schon da? Auch wir sind gerade erst angekommen."

Und dann sagt er zu ihm, warum er ihm die Ochsen geben sollte. Er hat sie nicht deshalb gekauft, daß er sie jetzt verkauft und er sie dann wieder nach Ungarn zurückbringt. Damit hat er die Ochsen in den Stall getrieben. Der Alte, der Ungar, ist dageblieben, und am nächsten Tag in der Früh hat er von ihnen Abschied genommen.

No, am zweiten oder dritten Tag darauf gehn sie in den Stall hinein. Sie wollen das Vieh füttern. Alle Kühe sind drinnen, alle sind angebunden, die zwei Ochsen sind aber nicht drinnen. Wo sind die zwei Ochsen? Hat man sie gestohlen oder wo sind sie sonst? Er hat noch zu seiner Frau gesagt:

"Dieser Ungar war da. Vielleicht hat er sie aus dem Stall gestohlen."

Sie haben sich darüber beraten.

Inzwischen hat der jüngste Sohn immer wieder hinaufgeschaut, und was hat er gesehen? Oben auf dem Nußbaum waren die zwei Ochsen. Sie waren erstaunt, wie sind die Ochsen auf den Baum hinaufgelangt? So was ist unmöglich! Sie waren dort nicht einmal angebunden. Die zwei Ochsen waren aber auf dem Baum. Der alte Mann hat sich überlegt, was da geschehen ist. Hier mußte irgendeine Hexerei gewesen sein. Wie kann so was passieren?

No, was konnten sie tun, sie haben gleich telefoniert oder ein Telegramm geschickt, dem alten Mann nach Ungarn, nicht? Was bei ihnen während dieser Zeit geschehen ist. Er war da, er wollte sie kaufen, und er hat sie ihm nicht gegeben. Es mußte irgendeine Hexerei gewesen sein.

Natürlich hat der alte Mann zurücktelefoniert oder telegrafiert, daß sie mit der Backschaufel hinauflangen sollen, mit ihr können sie sie herunterholen. Aber, hat er gesagt, wenn er die Ochsen nicht verkauft, kann er sie nie wieder einspannen.

Und sie haben mit der Backschaufel hinaufgelangt und haben die Ochsen heruntergeholt. Der Alte mußte aber die Ochsen verkaufen, weil er sie nie benützen hätte können.


Quelle: Angaben zu den abergläubischen Erzählungen aus dem südlichen Burgenland (Burgenländische Forschungen, H. 33), Karoly Gaal, Eisenstadt 1965, Nr. 152, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 204f.