Die Sumpfgeister

Vor mehr als hundert Jahren, als in Glashütten noch Glas erzeugt wurde, trugen die "Glaserer" das Glas in schweren Buckelkraxen weit ins Ungarische hinein, um es dort zu verkaufen. Sie waren oft tagelang unterwegs und wanderten erst heim, wenn die letzte Glasplatte veräußert war. Nicht selten marschierten sie auch während der Nacht, und im Sommer schliefen sie in den Heuschobern.

In jener Zeit war die Straße von Lockenhaus nach Glashütten noch nicht ausgebaut und führte durch ein Sumpfgebiet. Nur im Winter, wenn der Boden gefroren war, oder in ganz trockenen Sommermonaten konnte man mit einem Pferdefuhrwerk das Moor durchqueren. Der Weg war gefährlich, und wer keinen triftigen Grund hatte, ihn zu benutzen, machte lieber einen Umweg.

Einmal ging der alte Knozer Toni mitten in der Nacht durch den Sumpf. Er hatte es eilig heimzukommen, deshalb wählte er die Abkürzung, außerdem war es mondhell und windstill, was konnte da schon viel geschehen!

Als er sich dem Sumpf näherte, tauchten plötzlich mehrere Lichter vor ihm auf, die wie toll durcheinanderwirbelten und immer vor ihm hergaukelten. Er beschleunigte seine Schritte, um sie einzuholen, aber es gelang ihm nicht. Je schneller er ging, desto schneller tanzten die Lichter vor ihm her.

"Verflixt noch einmal!" ärgerte sich der Toni und blieb stehen, um zu verschnaufen.

In diesem Augenblick begann sich ein heftiger Sturm zu erheben, der von einem unheimlichen Sausen begleitet war. Es hörte sich an, als ob ein Geisterheer durch die Luft fegte.

Da bekam es der Knozer Toni mit der Angst zu tun, und er fing zu laufen an. Nach einer Weile fühlte er festen Boden unter seinen Füßen. Da hörte der Lärm auf, und es war wieder ganz still und ruhig wie zuvor.

Er war froh, als er endlich daheim anlangte. Auf die Frage seiner Frau, warum er so gerannt sei, ob ihn jemand verfolgt habe, erzählte er ihr sein Erlebnis. Aber sie lachte nur darüber und meinte, es hätten ihn bloß die Irrlichter genarrt. Als aber einige Tage später ein anderer und ein dritter dasselbe Erlebnis hatten, war es allen klar, daß in dem Sumpfgebiet die Hexen ihr Unwesen trieben.

Um ihnen den Aufenthalt zu verleiden, bauten die Bewohner von Glashütten eine Kapelle, die noch heute zu sehen ist. Und wirklich sind seit damals die Hexen aus der Gegend verschwunden.



Quelle: Burgenland - Sagen und Legenden, Friedrich Schattauer, Waidhofen, 1980, S. 173f, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 135f.