Der verhexte Hirtenbub

Der Resch Schurl war ein armer Halterbub. Neben dem Forchtensteiner Schloß hütete er die Kühe der Bauern. Das wäre ja alles ganz schön gewesen für unsern Schurl, nur hatte er seine liebe Not mit den Kühen, denn es verging kein Tag, an dem ihm nicht einige davonliefen. Denen mußte er immer nachlaufen, so daß er gar müde wurde.

Eines Tages saß er auch ganz verdrossen auf einem Steine und weinte. Da kam eine alte gebückte Frau mit einem Stock in der Hand auf ihn zu und fragte ihn, warum er weine und was ihm fehle. Da erzählte er sein bitteres Leid.

"Ich kann dir ja leicht helfen", sprach sie, nahm eine Schachtel aus ihrer Tasche und sagte: "Da hast du eine Salbe, mit dieser schmierst du dich unter den Knien ein, dann kannst du laufen wie der Wind." Also machte es auch der gute Schurschi, und von nun an hatte er es gut. Lief ihm eine von den Kühen davon, sofort hatte er sie wieder.

Am nächsten Tag kam die Alte wieder. Sie fragte den Buben, wie es ihm gehe, und lud ihn ein, am Abend mit ihr zu kommen. Der Bub, der der alten Frau recht dankbar war, versprach es mit Freude.

Nun kamen sie am Abend bei der Säule vor dem Schlosse zusammen. Das alte Weib führte den Buben in den Schloßkeller. Da gab es feine Speisen zu essen und guten Wein zu trinken. Darauf wurde getanzt. Das gleiche wiederholte sich nun alltäglich, und dem Buben gefiel dies. Tagsüber auf der Wiese und auch zu Hause dachte er oft nach.

Seine Eltern merkten aber, daß ihr Bub immer nachdenklicher und stiller wurde; auch sah er jetzt viel schlechter aus. Er verlor seine rote Gesichtsfarbe, und die Augen waren ganz eingefallen. Die Mutter, die nichts Gutes ahnte, fragte den Knaben, was er habe, was mit ihm sei. Da erzählte der Bub alles, was er bisher durchgemacht hatte, und nannte auch den Namen des Weibes.

Als der Vater das hörte, ging er nach Forchtenau ins Kloster, wo er dem Prior alles erzählte. Der Prior ließ darauf das alte Weib, die Spuler Sali, zu sich rufen und fragte sie, was Wahres an dieser Geschichte sei. Am Anfang leugnete sie alles, doch als ihr der Prior die Leiden der Hölle ausmalte, bekam sie Furcht und gestand. Sie gab auch das Buch heraus, in dem alle Hexen eingeschrieben waren. Der letzte Name war der vom Resch Schurl, den er mit dem eigenen Fingerblut geschrieben hatte. Nun wurde das Buch verbrannt; der Bub war vom Hexenbann befreit.

Quelle:Mein Heimatdörfchen Wiesen im Burgenlande, August Strobl, S. 21ff, Neusiedl am See 1929, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 51f.