Wind-Dämonen

Vor ungefähr hundert Jahren hütete ein Bub zwei Pferde an der Leitha und ließ sie, weil es sehr heiß war, im seichten Wasser baden.

Als er die Tiere ans Ufer treiben wollte, fegte auf einmal ein heftiger Sturmwind daher, der den Knaben umwarf. Er fühlte sich plötzlich von unsichtbaren Armen gepackt, an Händen und Füßen gefesselt und an die Schweife der beiden Pferde gebunden. Er bemerkte noch, wie die Tiere von ihren Halftern, die sie zusammenhielten, befreit wurden - ohne daß er jemanden hätte sehen können -, dann erscholl ein heiseres Krächzen und lautes Klatschen, die Pferde liefen wie wild im Galopp davon und schleiften ihn über Stock und Stein bis zur Stalltür.

Sein Weinen und Schreien wurde erst gehört, als die Pferde bereits ruhig und mit gesenkten Köpfen vor der Stalltür standen.

Bauer und Bäuerin, Mägde und Knechte kamen herbeigelaufen. Sie befreiten den arg zerschundenen Buben von seinen Fesseln und trugen den Jammernden in die Stube.

Er mußte viele Tage im Bett liegen, denn er war übel zugerichtet worden, hatte einen Arm und ein Bein gebrochen und wurde nie wieder völlig gesund. Er hinkte sein ganzes Leben lang.


*

In Frauenkirchen bewachte einmal ein Bauer am Heiligen Abend den Hof, während alle übrigen Hausleute zur Christmette gegangen waren.

Als er nach einiger Zeit vor die Haustür trat, um ein wenig Umschau zu halten, läutete die Glocke soeben zur Wandlung. Obwohl es ziemlich kalt war, nahm er den Hut vom Kopf und blickte andächtig zu den Sternen empor.

In diesem Augenblick fauchte ein kräftiger Windstoß heran, prallte mit heftiger Wucht gegen die Hausmauer, wirbelte im Kreis herum und riß den völlig überraschten Bauern zu Boden, wo er halb betäubt liegenblieb.

Als er sich endlich mühsam aufraffte und in die Stube zurückhumpelte, spürte er ein heißes Brennen auf seiner linken Backe, und er hatte das Gefühl, als ob er von einer unsichtbaren Hand eine tüchtige Ohrfeige bekommen hätte.

 

Quelle:Burgenland - Sagen und Legenden, Friedrich Schattauer, Waidhofen, 1980, S. 148f, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 123.