SAGE VOM KRAPFENBECK-SIMMELE

"Nicht zum Beweise, nur zu einer Illustration des kaum bestrittenen Satzes, dass die sagenbildende Thätigkeit im Volke noch fortlebt, seien nachstehende Daten, welche ich aus Erzählungen der Bewohner des Weilers Wegscheide bei Hoch-St. Paul, insbesondere des vlg. Rader in der Wegscheide, entnommen habe, angeführt:

Zur Franzosenzeit lebte in dem Mittelgebirge, welches zwischen dem Glanthale und dem Gurkthale liegt, ein Bursche, bekannt unter dem Namen der "Krapfenbeck-Simmele". Er war von ungeheurer Körperkraft, kühn und entschlossen. Mit mehreren anderen Genossen schädigte er durch heimliche Überfälle die Franzosen, ohne dass dieselben seiner habhaft werden oder auch nur seinen Namen erfahren konnten. So gelang es ihm auch, mit seinen Genossen eine französische Kriegscassa bei Einöd durch Ueberfall zu erbeuten. Auch diesmal hätten die Franzosen den Thäter nicht ermitteln können, wenn nicht der Krapfenbeck-Simmele mit seinen Genossen in ihrem Uebermuthe mit erbeuteten Generalsmützen am Liemberger Kirchtage erschienen wären. Das wurde den Franzosen hinterbracht und "sie gaben heraus", dass sie den Krapfenbeck-Simmele todt oder lebendig haben müssten. Der Krapfenbeck-Simmele lachte darob und fühlte sich umso sicherer, als er ein Messer besaß, welches die Eigenschaft hatte, ihm jede drohende Gefahr zu verkünden. Er brauchte es nur geöffnet vor sich auf den Tisch zu legen. Nahte Gefahr, so drehte sich das Messer so, dass die früher abgewendete Spitze sich dem Krapfenbeck-Simmele näherte.

Eines Tages war der Krapfenbeck-Simmele mit anderen Burschen im Wirtshause auf der Wegscheide und spielte eifrig Karten. Das geöffnete Messer lag vor ihm auf dem Tische. Langsam fing das Messer an, sich zu drehen, und die Spitze näherte sich immer mehr dem Besitzer. Obschon der Krapfenbeck-Simmele dies bemerkte, glaubte er dennoch, es sei noch Zeit, das Spiel zu beenden. Schon wies die Spitze des Messers auf ihn; da drangen französische Soldaten ins Wirtshaus ein. Der Krapfenbeck-Simmele sprang auf und wollte sich durchschlagen, wurde aber von den Franzosen erschossen.

Einer andern, ebenfalls in der Gegend zwischen dem Glan- und Gurkthale fortlebenden Tradition zufolge, war der Krapfenbeck-Simmele eines Krapfenbäckers ("Krapfenbeck") Sohn aus Weitensfeld und zur Franzosenzeit ein gefährlicher Räuber im Grenzgebiet zwischen Ober- und Unterkärnten. Er wurde von einer französischen Militär-Abtheilung, welche auf ihn fahndete, im Wirtshause auf der Wegscheide erschossen, wobei die Franzosen allerdings die Grenze des Villacher Kreises überschritten und österreichisches Gebiet betreten hatten. Diese Tradition nennt unter den Genossen des Krapfenbeck-Simmele einen anderen verwegenen Burschen, den Felfernig-Hois aus St. Urban ob Glanegg und hat verschiedene kühne Streiche dieses Räubers dem Gedächtnisse überliefert, unter anderen auch den, dass er dem Pfleger von Glanegg hinterbringen ließ, er liege in einem Gehöfte in St. Urban, und sodann die Gelegenheit, dass man von Glanegg insgesamt auszog, um ihn zu fangen, benützte, die Steueramtscasse von Glanegg auszurauben."


Quelle: Josef v. Ehrfeld, Sagen aus Kärnten. In: Carinthia I. Mittheilungen des Geschichtsvereines für Kärnten, 89. Jg. (Klagenfurt 1899), S. 90-91

aus: Weingand, Hans-Peter, Krapfenbäck Simerl. Leben und Sterben eines legendären Kärntner Räubers (Graz 1996)

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