DER JUNGFERNSPRUNG AUF HOCHOSTERWITZ

Auf dem östlichen Abstürze der Felsenburg Hochosterwitz ist eine Stelle, die als Jungfernsprung bezeichnet wird.

Ein frommes Mädchen soll, vom Burgherrn verfolgt, in jenen Abgrund gesprungen sein. Wie durch ein Wunder kam sie unbeschädigt auf den Boden. Der mit Streu heimfahrende Bühelbauer lud die Ohnmächtige auf den Wagen, nahm sie mit sich und sie diente ihm hinfort als Magd. Der Ritter, von Entsetzen und Reue erfaßt, irrte lange Zeit unstet in den Wäldern umher. Endlich glaubte er an einer Quelle in tiefer Einsamkeit seinen Atem auszuhauchen, als plötzlich die Totgeglaubte vor ihm stand, ihm vergab und ihn tröstete. Zur Sühne zog der Ritter in das heilige Land; vorher aber hatte er dem Bauern, der ihm den Mord, wenn auch nicht die Schuld ersparte, Brief und Siegel gegeben, daß er frei sei von aller Abgabe und von jedem Dienste auf der Burg.

Franz Pehr, Kärntner Sagen. Klagenfurt 1913, 5. Auflage, Klagenfurt 1960, Nr. 15, S. 34