SAGEN AUS STALL

Unter den mündlichen Überlieferungen und Erzählungen spielten die Wilde Perchtl, der Teufel, Hexen und Geister sowie die Gegenüberstellung von Gutem und Bösem eine große Rolle. Auch solche, die zu Lebzeiten Grenzsteine übersetzt hatten und nun in der Ewigkeit als Geister in den Nächten Grenzsteine setzen mußten. In manchen Nächten hörte man die verzweifelten Schreie dieser Unglücklichen: "Wo setz ich ihn denn hin?" Die Wilde Perchtl, die in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Dreikönig umging. Wehe, es hat sich jemand in dieser Zeit ungebührend verhalten: Die Wilde Perchtl hat ihm den Kopf umgedreht oder ihn auf Nimmerwiedersehen geholt. In der Steinwand ist einmal jemand an die Wilde Perchtl geraten, die ihn dann mitgenommen hat; bei der Schupfen im Goll-Kreut hat man diesen Menschen zum letztenmal "ouch" (Wehschrei) schreien gehört. Diese Heuschupfen heißt heute noch das "Ouchatschüpfl".

Einem Bauer am Stieflberg ist auch einmal Unerklärliches widerfahren. Es war an einem wunderschönen Heiligen Abend, der Vollmond überstrahlte die winterliche Landschaft mit seinem Glanz, und so konnte sich dieser Bauer, da es zur Christmette zu gehen noch zu früh war, nicht verhalten und er ging Hasen passen. Als er nun angespannt auf seinem Ansitz verharrte, kam ein Hase, und als er sein Gewehr anlegen wollte, wurden der Hasen immer mehr, so daß rund uum ihn die ganze Wiese voll davon war. Das Schießen auf Hasen ist dem Bauer restlos vergangen.

Einmal ist der Teufel zu einer Magd beim Martischnig gegangen. Da den jungen Burschen diese Sache nicht recht geheuer vorkam, legten sie sich auf die Lauer und stellten dabei fest, daß der Teufel, bevor er zur Magd gegangen war, in einer Heuschupfen in der Nähe des Wohnhauses seine teuflischen Gewänder abgelegt und menschliche Hosen angezogen hatte. Diese Heuschupfen heißt heute noch die Hosenschupfen. In den Kellergewölben der Ruine Wildegg soll sich in einer großen eisernen Truhe der Schatz der Ritter von Wildegg befinden. Den Schlüssel zu dieser Truhe verwahrt eine weiße Schlange beim großen Stein unter dem Gschloßfeld neben dem Weg am Sonnberg. Derjenige, der den goldenen Schlüssel aus dem Maul der weißen Schlange holen kann, wird auch den Schatz der Ritter von Wildegg heben können.

In früherer Zeit erschien immer im Frühjahr, wenn es Zeit war, Weizen anzubauen, beim Leitenkopf ein Mann, der mit weithin hallender Stimme "Leutln, baut's Woaz on!" rief, und wenn die günstigste Zeit für den Weizenanbau vorüber war, kam dieser Mann wieder und rief: "Baut's niama on!" Der Leitenkopf wird heute noch von den älteren Leuten "das Woazköpfl"genannt.


Quelle: Gottlieb Schweiger, Der Burgfried Stall - Die Geschichte der Gemeinden Rangersdorf und Stall, Stall 1978, Seite 167f.