Kaiser Karl im Förthof.

Am linken Ufer der Donau, oberhalb der Straßenbrücke Stein-Mautern, erhebt sich an der Stelle einer uralten Furt aus den Zeiten, da weder der "hölzerne", noch der "eiserne Gattern" über den Strom gespannt war, der stattliche Förhof und daneben eine alte Kapelle. Die gelehrten Forscher führen die Entstehung des Hofes in den Anfang des dreizehnten Jahrhunderts zurück und wissen zu berichten, einer der Besitzer und Fergen namens Rapoto von Urvar habe gegen den ansteigenden Berg das Kirchlein erbaut und Bischof Wernhard von Passau im Jahre 1291 die Erlaubnis zur Abhaltung des Gottesdienstes erteilt.

So die gelehrten Forscher. Frau Sage aber, die zu Jahreszahlen und siegelbehangenen Urkunden keine besondere Vorliebe hat und mit der Freiheit dichterischer Phantasie weitauseinanderliegende Geschehnisse verbindet, erzählt also:

Als das wilde Räubervolk der Avaren immer und immer wieder in das Reich Karls des Großen einfiel und weite Landstrecken verwüstete, entschloß sich der Kaiser, der bekanntlich im Untersberge schläft und erst zur Schlacht auf dem Walserfelde aufwachen wird, dem Unwesen ein Ende zu machen und zugleich die Bewohner der gesicherten Grenzlande dem christlichen Glauben zu gewinnen. So zog er denn, die Enns überschreitend, mit einem gewaltigen Heere gen Ungarn und gelangte an des Stromes rechtem Ufer bis an den Ausgang der Wachau, wo sich die Enge zum fruchtbaren Gefilde weitet.

Da ward ihm durch Botschafter kund, es säßen die Avaren am Kampflusse in einem gewaltigen Ring, aus Erdwällen und in einander verschränkten Wagen bestehend, und so suchte er am Strome eine passende Stelle, auf daß er sein Heer mittels Fähren ans jenseitige Ufer bringen könne. Da jedoch, bis das Heer übergesetzt war, Wochen, ja selbst Monate vergehen mochten, ließ er zu des Leibes Bequemlichkeit einen Hof und, weil er als ein frommer Herr des gewohnten Gottesdienstes nicht entbehren wollte, daneben ein Kirchlein erbauen, in dem der Kaplan täglich die Messe lesen mußte.

Dies ist der Ursprung des Förthofes und des Marktes Furth am Fuße des Göttweiger Berges der Überfuhrstelle gegenüber.

So will es die Sage.

Quelle: Wachausagen, Erzählt und allen Freunden der goldenen Wachau gewidmet von Josef Wichner. Krems an der Donau. [1920]. S. 74 - 75.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Lisa Lemberg, Jänner 2005.