Der Diebstahl des St. Jakobsstandbildes

Der Apostel Jakob der Jüngere wird als Schutzheiliger für schönes Wetter sehr verehrt. Darum war sein Standbild auch in der Kapelle der Burg Wolfstein aufgestellt worden. Er erwies sich dem Wolfsteiner Tale dann sehr gnädig, indem er hier immer besseres Wetter sein ließ als in der nächsten Umgebung. Darob waren namentlich die Gansbacher neidig und einige von ihnen gingen nach Wolfstein hinüber, schlichen sich in der Nacht in die Burgkapelle und stahlen den Heiligen Jakobus. Mühsam wurde er nach Gansbach geschleppt und dort in der Kirche an einem recht schönen Platze aufgestellt Als die Wolfteiner den Diebstahl entdeckten, waren sie ganz betroffen und suchten ihren Hiligen überall. Alle Mühe war aber vergebens.

Dem heiligen Jakob hat es jedoch in der großen Gansbacher Kirche gar nicht gefallen, es war ihm dort zu groß, zu unheimlich und zu kalt. Er hatte solche Sehnsucht nach seiner trauten Burgkapelle, daß er in einer recht garstigen Nacht das neue Heim verließ, um nach Wolfstein zurückzukehren. Im Siedlgraben stieß er mit dem allen Lehenbauer zusammen, der als Wolfsteiner den nächtlichen Wanderer sofort erkannte. Entsetzt rief er: "Jessas, der heilige Jakobus! Na, wo steigst denn Du in der Finsternis herum?" Der antwortete: ""Heim geh' ich halt. Wo möchte ich denn sonst in der Nacht herumsteigen?" Der Lehenbauer brachte gleich seine Freude zum Ausdrucke, daß der Wetterpatron wieder in die Gemeinde komme, und sie verabschiedeten sich aufs herzlichste. Am nächsten Morgen stieg der Bauer sofort in die Burgkapelle hinauf, wo er wirklich den heiligen Jakob an seinem allen
Platz fand. Sogleich war es im Tale, wo während dessen Abwesenheit das schlechteste Wetter geherrscht hatte, wieder schön. Die Gansbacher wagten jetzt keinen Raub mehr, sondern gingen einfach zu Jakobus wallfahrten, wenn sie gutes Weller brauchten.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 30, S. 38f