Der Sägefeiler und der Teufel

Wie die Ritter abgekommen sind und das alte Schloß aus dem Berge verlassen wurde, ist es darin immer umgegangen. Schwarze Hunde und andere Geistererscheinungen haben sich gezeigt, man bekam Gebrüll und Getöse zu hören, sodaß sich namentlich in der Nacht niemand dort zu bleiben getraute.

Ruine Dürnstein © Berit Mrugalska
Ruine Dürnstein, Wachau
diese beeindruckende Ruine bietet einem herrliche Ein- und Ausblicke
© Berit Mrugalska, 1. August 2005

Eines Tages kam ein "Sagfeiler" nach Dürnstein. Da er nirgends in der Stadt zum Uebernachten Unterkunst fand, dachte er sich, im Schloß oben wird sich schon irgendwo hinter einer Steinwand ein geschützter Platz zum Schlafen finden. Er stieg den Schloßberg hinauf und begegnete dabei einen allen Mann, der ihn fragte, wo er so spät noch hingehe. "Ich muß ins Schloß nauf übernachten, weil herunten nirgends für mich Platz ist," berichtete der Sagfeiler. Ihm antwortete der Alte: "Da oben hast aber die ganze Nacht keine Ruh, dort geht's um, weil der Teufel darin haust." Der Sagfeiler meinte seelenruhig: "Das macht mir nichts", ging getrost weiter und fand eine ganz schöne Schlafstelle in der Burg. Er schlief auch bald ein, wurde aber in der 12. Stunde durch Hundebellen geweckt. Immer ärger fing es zu Lärmen und Tosen an, daß der Sagfeiler nicht mehr einschlafen konnte. Zum Glück hatte er in seinem Sacke etliche Nüsse, diese fing er nun zu essen an, damit ihm die Zeit verging. Wie er im besten Aufbeißen war. stand auf einmal der Teufel vor ihm und schrie: "Du Lump, was tust denn da?" "Nuß essen", entgegnete der Sagfeiler mit Seelenruhe. Der Teufel verlangte nun auch einige. Der wackere Geselle griff hinter sich und nahm mehrere runde Kieselsteine. Der Höllenmann packte gleich zu und biß nach Herzenslust hinein, daß die Zähne krachten und Feuer aus dem Munde sprühte. Er konnte aber seine vermeintliche Nuß nicht aufbeißen. da der Sagfeiler gemütlich knackte und sich die Kerne wohl schmecken ließ, sagte der Teufel: "Ich kann die Nüsse nicht aufbeißen. Wie bringst Du es Zustande?" "Ja, ich bin Zahnfeiler", erwiderte der Gefragte, "ich habe mir meine Zähne ordentlich scharf gefeilt, da kann ich alles beißen." Sofort verlangte jener, seine Zähne auch zu feilen. Der Sagfeiler packte bereitwillig aus seinem Ranzen den Sägeschraubstock aus und sagte, da müsse er seinen Kopf einspannen lassen, sonst könne er die Zähne nicht feilen. Richtig beugte der Teufel schön brav seinen Schädel nach rückwärts und ließ ihn in den Schraubstock einklemmen. Der Sagfeiler drehte nun, so rasch er nur konnte, fest zusammen, daß sich die Schraubstockklammern recht in die Schläfen des Teufels einbohrten. Dieser sagte: "Jetzt ist's schon genug, es tut bereits weh, der Kopf ist schon fest." Doch der andere drehte weiter und der Höllenfürst schrie und wand sich vor Schmerz. Nun brüllte ihn erst der Sagfeiler an: "Du verfluchter Höllenhund, ich werde Dir's geben. Deine ganze Niedertracht zahl' ich Dir jetzt heim! Getraust Du Dich nochmals in das Schloß und nach Dürnstein, um die Leute zu schrecken?" "Ich will gewiß nimmer herkommen und für immer Ruhe geben", versprach winselnd der Eingeklemmte, "das ganze Dürnstein kann mich gerne haben!" Darauf hin ließ ihn der Sagfeiler los und wie der Blitz fuhr der Teufel davon. Dürnstein hatte vor ihm Ruhe.

Dem wackeren Sägefeiler wollte er aber seine Vermessenheit schwer heimzahlen. Jener hatte indes geheiratet und ging mit seinem Weibe auf den Kirchtag nach Weinzierl am Walde. Auf dem Rückwege lauerte ihm der Teufel auf. Als das Paar ihn sah, erschrak es wohl sehr, doch der Mann riß schnell den Schraubstock heraus und rief: "Soll ich Dir wieder den Schädel einzwicken?" Als der Höllenfürst das Marterwerkzeug sah, machte er sich sogleich aus dem Staube.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 67, S. 76ff