Das Zauberfläschchen

In der Zeit, da noch Keine Dampfschiffe die Donau befuhren, mußten die Schiffsleute, welche Holz nach Wien geflößt hatten, zu Fuß heimwärts wandern. Um zu übernachten oder um Hunger und Durst zu stillen, kehrten sie auf der Wanderung gar oft ein und leicht kam es dabei zu gewaltigen Wirtshausraufereien, bei welchen die Spitzer Flößer gewöhnlich darauf zahlten. Namentlich ein gewisser Schütz trug stets Wunden und Beulen davon. Als er wieder einmal schlecht weg gekommen war und deshalb recht fluchte und lästerte, kam er zu einer alten Magd, die gerade Vieh hütete. Auf ihre Frage klagte er sein Leid. Da tröstete sie ihn und gab ihm ein kleines Fläschchen. Sooft er dieses nun bei sich trug, waren die Spitzer immer Sieger im Raufen.

Fähre Spitz-Arnsdorf © Berir Mrugalska
Hier die Fähre Spitz-Arnsdorf, eine der wenigen Rollfähren auf der Donau
links im Hintergrund die Ruine Hinterhaus, Spitz
© Berit Mrugalska, 1. August 2005

Als Schütz alt wurde und das Schifferhandwerk aufgab, dachte er wieder an Gott, um den er sich bisher wenig gekümmert hat. Wie er bei seinem ersten Kirchgänge in die Nähe des Gotteshauses kam, wurde er auf einmal aus den nahen Burgberg versetzt. So geschah es ihm jedesmal, wenn er in die Kirche gehen wollte. Man gab dem geheimnisvollen Fläschchen die Schuld und des allen Schiffers Frau warf es darum weg. Es kehrte aber in unerklärlicher Weise in eine alte Truhe zurück. Auch das wiederholte sich mehrmals. Die Schützin warf das Zauberding in den heißen Backofen. Auch dabei blieb es unversehrt. Schließlich wandte man sich an den Kooperator Anderl um Hilfe. Ihm gelang es, das geheimnisvolle Fläschchen in die Donau zu versenken. Die Wellen brausten und schäumten dabei gewaltig auf und ein Getöse entstand, wie wenn der Leibhaftige wütend würde, das Fläschchen kehrte aber nimmer zurück.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 43, S. 53f