21. 's Bamlschatzn.

Da ist einmal vor vielen Jahren ein Greis mit eisgrauem Barte durchs Land gezogen, der hat vor den Haustüren um Almosen gebettelt, und weil es eben zur Obsternte war, so haben ihm die Leute Äpfel oder Birnen oder Pflaumen gegeben. Dafür hat er sich recht innig bedankt und ist damit zum Dorfe hinausgewandert; ehe er aber dieses verlassen, hat er den barmherzigen Dörflern die Fruchtbäume gesegnet. Und das hat er so gemacht: Er hat sich "hintaus" in die Gärten geschlichen und hat von jedem Apfel, von jeder Birne, von jeder Pflaume, die ihm verabreicht worden, die "Schäler" zu den Baumstämmen gelegt und hat hiebei ein Gebetlein gemurmelt, das leider niemand verstanden hat. Über's Jahr aber haben eben diese Bäume so viel getragen, dass deren Äste unter der Obstlast brachen und die Leute vor Überfluss die Schweine mit Früchten fütterten. Ja, ein sonst kraft- und saftloses Brautbäumchen hat sich über wenige Monate so erholt, dass der Bauer hievon vier volle "Butten" einheimste. Das haben sich aber die Leute gemerkt und d’rum machen sie’s heute noch so, und mag da kommen, was da will, die Ernte fällt stets zur Zufriedenheit aus.

Hans Schukowitz, Mythen und Sagen aus dem Marchfelde. Zeitschrift für österreichische Volkskunde. Wien, III/1897, S. 165;

Quelle: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf. Hans Hörler, Heinrich Bolek, Gesammelt von der Lehrerschaft des Bezirkes Gänserndorf 1951. Neuauflage 1967.
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