12. Die Klakanica.

Die Klakanica war eine böse Fee, die jeden Abend nach dem Gebetlauten ihr Unwesen trieb. War der letzte Ton der Abendglocke verhallt, tauchte sie aus ihrem Schlupfwinkel auf und wehe dem Kinde, das sie noch auf den Gassen oder außer dem Dorfe antraf! Dem warf sie einen nassen Schleier über die Augen und zwickte es und hetzte es, dass es schreckverwirrt sein Heim nicht fand und erst nach Stunden von der geängstigten Mutter aufgefunden wurde.

Wenn es zum Gebet läutete, hatten es deshalb die Kinder eilig, nach Hause zu kommen. Der Ruf: "Die Klakanica kommt!" trieb die kecksten Gassenbuben ins Haus und der schlimmste Schreier war sofort still, wenn die Mutter nach der Fee rief.

Aber auch mit erwachsenen Menschen trieb sie ihren Schabernack, wenn sie spät abends vom Felde heimkehrten oder im Walde sich verspätet hatten. Wie oft führte sie Männer, die spät das Wirtshaus verließen, in die Irre, so dass sie nicht heimfanden zu Weib und Kind und erst am grauen Morgen an ihre Tür klopfen konnten.

Viele Jahre ängstigte sie so die Menschen. Da kam einmal ein neuer Priester in den Ort, der sehr fromm und klug war. Als man ihm von der bösen Fee erzählte, beschloss er, ihrem Treiben ein Ende zu bereiten. Eines Abends ging er mit dem Kirchendiener in die Kirche und wartete, bis der letzte Ton des Gebetlautens verhallt war. Dann griff er mit seinen geweihten Händen nach dem Glockenstricke und lautete noch einmal kräftig die Glocke.

Am nächsten Morgen fand man auf der Wiese hinter der Kirche ein schleierartiges Gewand und wusste damit nichts anzufangen. Die Klakanica hat man aber seit dieser Zeit nicht mehr gesehen.

Anton Schultes, Beiträge zur Heimatkunde von Hohenau. Hohenau, o. J., S. 122;

Quelle: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf. Hans Hörler, Heinrich Bolek, Gesammelt von der Lehrerschaft des Bezirkes Gänserndorf 1951. Neuauflage 1967.
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