20. Das seltsame Kräutl.

In Orth an der Donau kam zu einem Kinde in der Kohlstatt jede Nacht die Trud. Alle waren unglücklich darüber. Da fragte die Mutter einen im Markt einquartierten Soldaten, was man dagegen machen könne. Der Soldat sagte: "Ich will das Kräutl suchen, das der Trud weh tut."

Der Soldat ging hinaus in die Au und suchte und suchte, er fand aber das Kräutl nicht. Wie verhext war es. Traurig und verärgert ging der Soldat heim. Er setzte sich die ganze Nacht auf einen Sessel neben dem Bett des Kindes. Aber, sollte man es glauben? Das Kräutl, das er so gesucht hatte, das hatte er blind mit dem Stiefel niedergetreten und ein Blatt war auf den Sporen hängen geblieben. Wie die Trud kam, bleibt sie wie angewurzelt stehen und kann nicht mehr weiter. Das hat das Blatt gemacht, das noch auf dem Sporen hing. Der Soldat nahm seinen Säbel und schlug zu. Die Trud floh mit einem Schrei. Am nächsten Tag fehlte einer Frau in der Nachbarschaft ein Ohr.

Hsch.-L. Erwin Rickl, Orth a. d. D., nach Fr. Maria Fuchs, Orth;

Quelle: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf. Hans Hörler, Heinrich Bolek, Gesammelt von der Lehrerschaft des Bezirkes Gänserndorf 1951. Neuauflage 1967.
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