DER HEILIGE STEIN

Am Ortsende von Mitterretzbach geht das Waldviertel auf einem sanften Abhang in das Weinviertel über. An jener Stelle befindet sich der "Heilige Stein", ein Granitblock mit Vertiefungen, der seit alters her verehrt wird. Heute steht dort eine Kapelle. Unweit davon befinden sich auch noch die Grundmauern einer anderen Kirche, die schon lange nicht mehr existiert.

Von der Entstehung des "Heiligen Steines", in dessen Vertiefungen sich zuweilen das Wasser, dem eine wundertätige Wirkung zugeschrieben wird, ansammelt, sind allerhand Überlieferungen bekannt.

So soll der Hl. Wolfgang, der bei seinen Wanderungen zu Zeiten der Heiden auch hier vorbei kam, mit seinem Hammer gegen den Opferstein geschlagen haben. Auf diese Weise entstanden die Schalen, die dann das herabrinnende Wasser aufnahmen. Der Heilige segnete dieses Wasser, das den Heidenstein herablief; so wurde es wundertätig.

Es wird aber auch erzählt, dass Jesus hier niederkniete und die Schalen nichts anderes sind, als die Abdrücke seiner Knie.


Nachdem 1647 der bettlägrige Veit Priesler vom Wasser des Bründls beim Hl. Stein geheilt worden war, entstand 1650 an jener Stelle eine Kapelle für " Unsere Liebe Frau beim heiligen Stein". Bald setzten hier intensiv Wallfahrten ein und man verkaufte das "Marienwasser vom heiligen Stein". Zahlreiche Prozessionen zogen die Anhöhe hinan und sangen das Mariensteiner Wallfahrtslied:

An dem Stein durch hundert Jahr
zeigtest dich als Mutter dar.
Sei gegrüßt, Maria!
Maria allhier am Stein.
laß uns dir befohlen sein.
Sei gegrüßt, Maria!

Hier auf dieser grünen Heid',
hat man dir ein Haus bereit't.
Sei gegrüßt, Maria!
Das Haus ist eine Zufluchtsstatt
Sei gegrüßt, Maria!
wo die Sünder finden Gnad'.

Ein groß' ausgehöhlter Stein
muß der Fuß des Thrones sein!
Sei gegrüßt, Maria!
Das steinharte Sünderherz
bei dem Stein zerschmilzt in Schmerz
Sei gegrüßt, Maria!

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 24