DIE SAUWÜHLGLOCKE

In der Niederung des Pulkautales befand sich zwischen den Orten Obritz im Norden und Mailberg im Süden der heute verschollene Ort Stranzendorf, der im Dreißigjährigen Krieg untergegangen war. Bald war von den Häusern nichts mehr zu sehen und Gras und einige Sträucher wuchsen an der Stelle. Hier trieben die Obritzer ihre Schweine hin, die gerne im sumpfigen Untergrund wühlten.

Eines Tages merkte der Sauhirt, dass eines seiner Schweine beim Wühlen auf einen harten, metallischen Gegenstand gestoßen war. Eilig trieb er die Schweine weg und versuchte, mit bloßen Händen zu graben. Er hoffte, einen Schatz zu finden und reich zu werden. Doch seine Kräfte reichten nicht aus, es gelang ihm nicht, den vermeintlichen Schatz zu heben. So ging er abends nach Obritz zurück und erzählte dort den Seinen von dem metallischen Gegenstand, den er alleine nicht bergen konnte. Ohne lange zu zögern machte sich am nächsten Morgen eine Schar Männer auf, um zu sehen, was denn da im Untergrund vergraben war. Doch auch sie scheuten die Mühe, den großen Gegenstand vollends auszugraben. Sie meinten, dass es sich um ein großes Stück wertloses Metall handle, das es auszugraben nicht lohne.

Da bekamen auch die benachbarten Mailberger von der Sache zu hören. Sie wurden neugierig und wollten sehen, was die Obritzer für wertlos erachteten. Sie waren zäher und gruben weiter, bis sie Gewissheit hatten. Siehe da, das Metall stellte sich als eine große, wunderschöne Glocke heraus. Erfreut über den glücklichen Fund, hievten die stärksten der Männer den Fund auf einen Wagen und fuhren mit der Glocke nach Mailberg. Dort stellten sie die schwere Glocke zunächst auf den Marktplatz und wollten sie dann im Kirchturm aufhängen. Als sich der Turm aber als zu klein herausstellte, bauten sie einen eigenen Glockenturm, wo die Glocke nun hängt. Sie ist nur sehr schwer zu läuten, ihr heller Klang dringt bei klarem Wetter bis nach Haugsdorf. Die Mailberger gaben ihr den Namen "Sauwühln".

Quelle: Das Weinviertel in seinen Sagen, Thomas Hofmann, Weitra 2000, S. 66