10. Von Versunkenen Stätten, von Schuld und Sühne.
2. Freveltat wird offenbar.

46. Vor etwa 800 Jahren regierte im Kloster Mondsee der fromme Abt Konrad. Er sah auf Ordnung und Zucht und suchte dem Kloster zurückzugewinnen, was ihm durch die Herren der Umgebung früher geraubt worden war. Darüber zog er sich die Feindschaft dieser Herren zu. Als er einmal vom Gottesdienst in der Kirche von Oberwang heimkehrte, überfielen ihn die Fullinger, die in dieser Gegend saßen und töteten ihn. Den Leichnam warfen sie in eine Hütte und zündeten sie an. Die Hütte brannte zwar nieder, der Leichnam blieb aber unbeschädigt. Mönche von Mondsee brachten ihn in das Kloster. An der Stelle aber, wo Konrad getötet worden war, entsprang eine Heilquelle, über die dann später eine Kapelle gebaut wurde.

47. Zwischen Looskogel und Rauhkogel befindet sich die Wolfswiese. Einst war sie ein stiller See. Ein frommer Einsiedler hauste hier und lebte von den Fischen des Sees. Ein Jäger kam in die Gegend, entdeckte den frommen Mann und stach ihm die Augen aus. Darüber floß der See ab und nur eine sumpfige Wiese blieb zurück.

48. Bei Gaspoltshofen entspringt beim Fußweg nach Hörbach im Kirchholz eine Quelle, die der heilige Brunnen heißt. Augenkranke kamen von nah und fern zu dieser Quelle, wuschen sich das Gesicht und viele von ihnen wurden geheilt. Ein Bauer hatte ein Pferd, das erblindet war und wollte die Heilkraft des Wassers auch bei seinem Tiere erproben. Er wusch die Augen des Rosses mit dem Quellwasser. Das Pferd sah nun zwar wieder, aber der Bauer erblindete. Seither ist auch die Heilkraft des Wassers verschwunden.

*49. Eine wundertätige Quelle, die in der Wallfahrtskirche von Maria Zirking floß, hatte schon vielen Leuten in ihren körperlichen Gebrechen geholfen. Als sich jedoch ein Bauer verleiten ließ, sein krankes Pferd zur Quelle in das Gotteshaus zu bringen, da versiegte sie plötzlich.

50. Auch das Heilbründl in St. Julianaberg bei Neuhofen an der Krems, das gegen Augenkrankheiten half, versiegte, als einmal ein Bauer sein Pferd an der Quelle heilen wollte.

51. Aus der Pfarrwiese bei Steinbach am Attersee floß ein Heilbründl. Es half gegen Hautkrankheiten. Einmal aber hielt ein Bauer einen räudigen Hund in die Quelle, seither ist ihre Kraft versiegt. Der Brunnennursch ist aber heute noch erhalten. Auf der Pfarrwiese zeigt sich ein nasser Fleck, auf dem kein Schnee liegen bleibt.

52. Den Mühlwangern gehörte der Brunnen, bei dem einst die Gmundner ihr Wasser holten. Eines Tages kamen so viele Leute zusammen, daß Streit entstand, wer früher daran käme. Sogar mit den Messern stachen sie aufeinander los, so daß Blut in den Brunnen floß. Das Wasser aber blieb trüb. Nun gingen sie zum Pfarrer, daß er den Brunnen wieder weihe. Er veranstaltete eine Prozession zum Brunnen und während er mit dem Allerheiligsten den Segen erteilte, rauschte der Brunnen wieder, der von da an der heilige Brunnen hieß.

Nach einer zweiten Sage sollte ein Rechtsstreit um die Mitbenützung bei der Quelle selbst gütlich beigelegt werden, endete aber mit Blutvergießen. Sogleich versiegte die Quelle.

53. Zur Zeit der Bauernkriege ging ein Schlägler Stiftsherr von Schlägl nach Öpping, um dort die Messe zu lesen. Beim kleinen Hügel bei Oberkrenau wurde er von protestantischen Bauern überfallen und mißhandelt. Die Bauern ließen ihn für tot liegen, er erholte sich jedoch wieder und schleppte sich nach Öpping. Das Blut des Mißhandelten färbte den Sand rot, der Hügel heißt seither der rote Hügel, roter Sand ist dort heute noch zu sehen.

54. Der junge Sohn von der Karbachmühle wurde von einem eifersüchtigen Gegner bei seinem nächtlichen Heimweg vom schmalen Weg in die Tiefe gestoßen. Sein Blut besprengte das Gestein in der Karbach, an den Felsen ist heute noch der rote Streifen sichtbar.

54a. Im alten Schloß St. Thomas im Mühlviertel tötete eine Köchin ihr uneheliches Kind dadurch, daß sie es an die Wand schlug. Der Blutfleck ging nicht weg, auch das Überweißen half nichts, er kam immer wieder zum Vorschein.

*55. In Goldwörth hatte ein Bauer sein Weib erschlagen. Die Blutflecke ließen sich nicht verwischen, alle mit Blut befleckten Gegenstände mußten durch neue ersetzt werden.

56. Ein fremder Leinwandhändler hatte in der Haid Leinwand verkauft und wollte nach Arbesbach weiter. Weil ihm aber der Weg durch den großen Haiderwald unheimlich war, ließ er sein Geld beim Wirt zurück und fuhr mit seiner Leinwand fort. Im Walde überfielen ihn zwei Räuber und da sie kein Geld bei ihm fanden, stachen sie ihn nieder. Das Geld war aber auch beim Wirt nicht mehr zu finden, an seiner Stelle war in der Lade eine Blutlache.

57. Am Westhange des Kasberges gegen die Hetzau zu bleibt ein Wiesenfleck immer schneefrei. Hier wurde einst eine Sennerin ermordet. Wo ihr Blut hinfloß, bleibt kein Schnee liegen.

58. Bei der Maria Luisenquelle in Pfandl steht ein Glöcklermarterl. Hier wurde in der Rauhnacht ein Glöckler erschlagen. An der Stelle soll kein Schnee liegen bleiben.

59. Ein Müller in Maria Schnee hatte einen Sohn, der eine arme Taglöhnerstochter heiraten sollte. Er wollte es nicht tun und tötete sie. Seit dem sieht man in der Schrotmühle bei Nacht Totenköpfe an der Wand. Während man die Wand frisch bemalte, zeigten sich die Totenköpfe auch bei Tag. Als man aber mit der Arbeit fertig war, war der Spuk verschwunden.

60. Eine Frau bei Windischgarsten tötete vor etwa 80 Jahren ihr eigenes Kind. Als sie gestorben war, warf es die Küchentüre aus und man konnte sie nicht mehr einhängen, denn um Mitternacht sie! sie immer wieder aus. Zwei Männer wollten sich einmal überzeugen und hängten sie ein. In der Nacht aber wurde die Tür unter unheimlichem Krachen aus den Angeln gehoben und fiel um.

61. Ein Priester fuhr nach Rainbach zu seinen Eltern, wurde aber unterwegs von Strolchen überfallen und ermordet. Sie vergruben den Leichnam. Bald darauf kam ein Fuhrmann zur Stelle. Die Pferde blieben stehen und waren nicht weiter zu bringen. Der Fuhrmann mußte wieder umkehren.

62. Zu Maria Geburt führte man in St. Gotthart unter Fluchen und Schelten Grummet ein. Plötzlich versanken Wagen und Pferde im Boden. Die Leute liefen in Todesangst davon, es könnte sie der Teufel holen. Als man später Nachschau hielt, war an der Stelle ein großer Stein, auf dem noch heute Fußtritte von Menschen, Pferden und Hunden zu sehen sind.

63. In Onzerreith zwang einst ein Bauer am Samstag seine Leute nach Feierabend zum Hafereinführen, weil ein Gewitter drohte. Ein darüber erzürnter Knecht verwünschte die Fuhr. Das Unwetter brach los, erschlug die Ochsen, warf den Wagen um, die Haferhaufen wurden zu Steinkugeln. An der Stelle befindet sich ein Eisenkreuz auf einem Steinblock, dem Kramerstein.

Nach einer anderen Sage schnitt eine Frau am Sonntag mit der Sichel Gras für eine Ziege. Das Grasbinkel wurde zum Kramerstein.

64. In Engerwitzdorf lagen zu Maria Geburt die Heuschober auf den Wiesen. Ein schweres Unwetter brach los. Trotz des Feiertages trugen die Leute das Futter auf einen trockenen Ort und häuften es zu einem großen Schober an. Am nächsten Tag war er aber zu Stein geworden. Er ist heute noch zu sehen und heißt allgemein der "Heuschober". Seine Auskerbungen sollen die Schafe durch Herausfressen des Futters gemacht haben.

65. In Köckendorf bei Helfenberg führten Leute an einem Frauentag Heu ein und hörten nicht auf die Mahnung der Nachbarn. Ein schweres Gewitter zog herauf und als es früh war, waren die Heuschober, die noch auf dem Felde standen, zu Stein geworden. Ein solcher Stein, der die Größe und Form eines Heuschobers hat, ist noch zu sehen, auf ihm steht eine Steinsäule.

65a. In Posting fuhr einst beim Hause Nr. 11 ein Fuhrmann mit einem Wagen Heu den Hügel hinauf und trieb mit Schelten die Pferde an. Fast war er schon oben, da fiel der Wagen um. Als der Fuhrmann deshalb lästerlich fluchte, verwandelte sich das Heu in einen Stein. Heute ist er nicht mehr vorhanden, aber alte Leute können sich noch an ihn erinnern.

*66. Eine versteinerte Heufuhr war auch am Hamberg bei Gramastetten zu sehen, durch Sprengungen ist sie jetzt zum größten Teil verschwunden.

67. Zu Loibichl am Mondsee war eine Bäuerin eine ständige Sonntagsfrevlerin. Sie versäumte den Kirchgang und verrichtete indessen allerlei Hausarbeit. Am Leopoldstag, der damals ein großer Feiertag war, schoß sie, statt zur Messe zu gehen, zwölf Brotlaibe in den Ofen. Eine Nachbarin mahnte sie, es könnte sie Gott und der heilige Leopold strafen. Trotzig antwortete die Bäuerin: "Feiertag hin, Feiertag her! Leupl hin, Leupl her! Ich hab's Brot schon im Ofen!" Als sie aber das Brot herausnahm, waren es zwölf Steinlaibe. Einer hängt an einer Kette beim Eingangsgitter in der Stiftskirche zu St. Peter in Salzburg, ein zweiter in der Kirche zu Arnsdorf bei Michaelbeuern.

68. Die Urahne einer Bäuerin bei Gallspach ließ am Leopolditag Brot backen. Ein alter Bettler kam und bat um eine Gabe. Er zog die Luft prüfend durch die Nase und sagte: "Bäurin, du tust am Lepolditag Brot backen?" Die Bäurin sagte: "Ach was, Leopolditag hin, Leopolditag her, das Brot ist schon im Backofen!" Achselzuckend humpelte der Bettler fort. Als die Bäuerin aber nachher das Brot aus dem Ofen nehmen wollte, waren die schönen Brotlaibe zu ebensovielen Steinen geworden.

*69. Am Hange des Hausberges bei Michaelbeuern liegt die kleine Kirche Lauterbach. Verlor jemand ein Kind, so ließ er die Glocke der Kirche läuten und das Kind wurde gefunden. Als aber einmal ein Bauer ein Schwein verlor und die Glocke läuten ließ, schwand ihre Kraft bis auf den heutigen Tag.

70. Das Geläute der Grünauer Glocke war früher viel schöner, man konnte es bis ins Tal des Schindlbaches hören. Als noch der fromme Brauch bestand, am Samstag zu Ehren unserer lieben Frau um zwei Uhr Feierabend zu machen, kümmerte sich einmal ein geiziger Bauer nicht darum und ließ weiter arbeiten. Seither ist das Geläute nicht mehr so weit vernehmbar.

*71. Die Simlinger Klause ist ein kleines Klösterl zwischen Tittmoning und Ostermiething. Es hatte einen Dachreiter mit einer kleinen Glocke. Wenn ein schweres Wetter heraufzog, läutete sie der fromme Klausner und das Wetter konnte keinen Schaden anrichten. Dies tat er auch, wenn sie einen Verstorbenen von der Au nach Ostermiething heraufführten. Einmal ließen sie ihn wieder läuten, führten aber ein totes Roß herauf. Von dem Augenblick an hatte die Glocke ihre Kraft verloren.

72. Vor etwa 200 Jahren kam zum damaligen Besitzer des Reihergrubergutes bei Gschwandt, während er gerade Dünger führte, ein armer Handwerksmann und bat den Bauern, bei seinem neugeborenen Kinde Patenstelle zu übernehmen. Der Bauer wies ihn schroff ab, so daß der Arme betrübt hinwegging, und fuhr dann mit seiner Fuhre Dünger quer über das Feld. Als im Frühjahr die Saat zu grünen anfing, zeigte sich quer über das Feld, wie der Bauer gefahren war, ein Heller, gelber Streifen und so blieb es Jahr für Jahr. Noch vor 60 Jahren konnte man ihn sehen.

73. Ein mürrischer Bauer ackerte am Rande des Hausruckes. Ein armer Holzknecht kam auf ihn zu und bat ihn, sein neugeborenes Kind aus der Taufe zu heben. Obwohl ihm der Arme die ganze Furchenlänge mit seiner flehentlichen Bitte nachlief, gab er keine Antwort, so daß der Holzknecht schwermütig in den Wald ging. Seither ist die Furche verwünscht und trägt weder Gras noch Halm.

*74. Zwischen Vorchdorf und Gmunden ackerte einst ein Bauer auf einem Acker. Da stand plötzlich ein fremder Mann in schlichter Kleidung vor ihm und bat ihn, "das christliche Werk" zu verrichten. "Eher heb' ich einem Hund als dir", war die unmenschliche Antwort. Der Fremde verschwand plötzlich, der Acker aber trug keine Früchte mehr. Der Bauer schaffte und schwitzte vergebens, der Boden blieb verwunschen.

Ein Müller in Maria Schnee hatte einen Sohn, der eine arme Taglöhnerstochter heiraten sollte. Er wollte es nicht tun und tötete sie. Seit dem sieht man in der Schrotmühle bei Nacht Totenköpfe an der Wand. Während man die Wand frisch bemalte, zeigten sich die Totenköpfe auch bei Tag. Als man aber mit der Arbeit fertig war, war der Spuk verschwunden.


Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 149 - 153
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, März 2006.
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